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Frustrierter Hund biß die Nächsten

■ Wachhund ließ Diebe entkommen und biß dafür Passanten / Amtsgericht spricht Hundehalterin frei

Die Nacht vom 23. auf den 24. November 1989 war nicht die beste Nacht für Schäferhund Berry. Als er in seiner Stammkneipe nach Zapfhahnschluß für Frauchen halbleere Schnapsflaschen, Flipper- und Zigarettenautomaten bewachen sollte, zerdepperten Unbekannte die gläserne Eingangstür zur Schänke, übertölpelten den scharfen Wächter mit einer Gute -Nacht-Wurst und räumten nach der gesegneten Mahlzeit des vierbeinigen Aufpassers in aller Seelenruhe dessen Arbeitsplatz aus.

Als der Hund am nächsten Morgen verkatert und verdattert aus seinen schweren Träumen erwachte, schlüpfte er durch eben

das Loch, durch das die letzten Gäste wenige Stunden vorher in die gastliche Stube eingedrungen und mittlerweile auch wieder verschwunden waren.

Zweites Pech für Berry: An den Glasscherben schnitt er sich, frauchenseelenallein und orientierungslos wie er war, eine Hinterpfote auf, aus der er, wie Augenzeugen später berichteten, kräftig blutete.

Das war zuviel für den kleinen Racker. Genervt beobachtete er auf der Straße die Radfahrerin Ilona H. mit ihrem vierjährigen Sohn, die sich auf dem Weg zum Kindergarten der Kneipe näherten. Der von Erfolglosigkeit geplagte, nur noch dreibeinige Wächter sprang die junge Radlerin entschlossen an und biß sie in den rechten Oberschenkel. Die Frau stürzte samt Fahrrad, der

Junge blieb mit einem Fuß in den Speichen des Rückrades hängen und wurde ebenfalls zur sicheren Beute für den „immer sooo lieben Hund“ (Halterin Renate H.), der mit seiner Verzweifelungstat die trostlose Nachtbilanz ein wenig aufpolieren konnte.

Tatsächlich war der zu beklagende Bruch bereits der vierte aus einer Serie, in der Frauchens Schankstube auch noch nach der Sperrstunde von durstigen und zahlungsunwilligen Gästen heimgesucht worden war.

Eine halbe Stunde nachdem der angeschlagene Nachtwächter seine Ersatzbeute gerissen hatte, traf die Polizei am Tatort ein. Gestern vor dem Bremer Amtsgericht bestätigten die Beamten noch einmal, daß der Hund an besagtem Morgen „irgendwie unnahbar“ aussah. Erst ein freundli

cher Nachbar konnte Berry „beruhigen“, der „sicherlich nur sein Zuhause suchen“ wollte (Halterin Renate H.). Vor dem Amtsgericht sah sich Renate H. dem Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung ausgesetzt. Doch sie wurde freigesprochen. Erstens, weil sie die beiden Opfer anstandslos an ihre Haftpflichtversicherung überwiesen hatte, die bereits drei Monate später Schadensersatz und Schmerzensgeld auszahlte, zweitens, weil sie an dem befreienden Loch in der Tür, durch das der erfolglose Nachtwächter auf die Straße gekommen war, keine Schuld hatte.

Die Versicherung hatte, bevor sie den Scheck zückte, vom Opfer die Vorlage einer Anzeige verlangt. Ohne die Versicherung hätte Ilona H. den Weg zur Polizei wohl nicht gemacht. ma

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