Der EG-Kommission wird es beim DDR-Einstieg mulmig

■ Auch Beteiligung am Verbundnetz Gas wird in Brüssel geprüft / DDR-Wettbewerbschef Wutzke mault: Keiner hat ihm Bescheid gesagt

Berlin/Brüssel (taz/dpa) - Die EG-Kommission hat angekündigt, den Einstieg der Westkonzerne in das Erdgasnetz der DDR zu untersuchen. Sie befürchtet eine Beeinträchtigung des Wettbewerbs. EG-Kommissar Leon Brittan zeigte sich über den geplanten 45prozentigen Einstieg der Ruhrgas AG und der BEB in den DDR-Monopolversorger Verbundnetz Gas besorgt.

Ruhrgas hat 35 Prozent der Vebundnetz gekauft, und BEB, ein Tochterunternehmen von Esso und Shell, hat sich weitere zehn Prozent zugelegt. Die BEB-Schwestergesellschaft Brigitta wiederum besitzt einen 25-Prozent-Anteil an der Ruhrgas. Diese Gesellschaft wiederum kontrolliert 70 Prozent des Erdgas-Marktes in der BRD. Über das Verbundgas-Netz laufen ferner Erdgaslieferungen aus der UdSSR, die für ein Drittel des EG-Verbrauches gut sind. Eine der beiden Pipelines für diese Lieferungen gehört bereits der Ruhrgas, die andere käme damit ebenfalls unter ihren Einflußbereich. Am Wochenende hatte auch die BASF-Tochter Wintershall angekündigt, sie würde gerne mit 25 Prozent bei der Verbundnetz einsteigen. Von der Wintershall-Zentrale in Kassel war zu hören, der DDR-Erdgasmarkt stünde vor der „akuten Gefahr“ der Monopolisierung.

Ob die EG den Einstieg von BEB und Ruhrgas überhaupt verbieten kann, ist derzeit noch unklar. Ein Sprecher in Brüssel sagte, man bewege sich auf bislang unbekanntem Terrain. Noch gelten die Vorschriften zur Verhütung von Wettbewerbsmißbräuchen nicht in der DDR, weil zwar die D -Mark eingeführt ist, die DDR aber noch nicht Bestandteil der EG-Territoriums sei. Brittan hat jedenfalls die DDR -Regierung zu Konsultationen aufgefordert, bevor sie soche Einstiege genehmige.

Die betroffenen Unternehmen müssen sich nun innerhalb der nächsten drei Wochen zu den Vorwürfen äußern. Geprüft wird in Brüssel derzeit auch der Einstieg des Allianz-Konzerns bei der Staatsversicherung der DDR und der Versuch von drei westdeutschen Energiekonzernen, die Stromerzeuger der DDR unter Vertrag zu nehmen. Auch die Lufthansa hat wegen des geplanten Einstiegs bei Interflug Post aus Brüssel bekommen, desgleichen die Deutsche Bank wegen der Vereinbarungen mit der DDR-Kreditbank.

Derweil fühlt sich das neue Amt für Wettbewerbsfragen teilweise von der Regierung gehindert. Sein Chef, Wutzke, sagte dem 'Spiegel‘, die Entscheidung für die Übernahme der staaltlichen Versicherung durch die Allianz sei eine politische, keine wettbewerbliche Entscheidung gewesen. Der Einstieg des Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerks (RWE), des Bayernwerks und der Veba-Tochter Preussen Elektra in die DDR-Stromwirtschaft seien ihm weder von den West -Firmen noch vom zuständigen Energieministerium in Ost -Berlin angezeigt worden.

diba