piwik no script img

Arbeitsamt will Kleinvermögen

■ Hausinterne Dienstanweisung spart dem Arbeitsamt Arbeitslosenhilfe

Im vergangenen März trat in den Arbeitsämtern eine Dienstanweisung in Kraft, deren Folgen jetzt erstmals die arbeitslose Bremer Juristin Heike N. (28) zu spüren bekam. Bei ihrem Antrag auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) gab sie ein privates Vermögen von 4.000 Mark an, das laut Gesetz nicht in die Berechnung der „Stütze“ mit einbezogen werden darf („Schonvermögen“ bis 8.000 Mark nach § 6 Alhi-Verordnung). Die neue

Dienstanweisung des Arbeitsamtes setzt sich über diese Rechtsgrundlage hinweg: Frau N. wurde die Alhi mit der Begründung verweigert, daß sie zunächst auf ihr privates Vermögen zurückgreifen müsse, bevor sie in den Genuß staatlicher Unterstützung kommen könne.

Der Hintergedanke zu diesem „eklatanten Rechtsbruch“ (Rechtsanwalt Bernd Rasedorn) ist denkbar einfach: Sobald die ar

beitslose Juristin, die erst im Sommer ihr Studium beendet hat, ihr Gespartes verbraucht haben wird, muß sie von ihren Eltern unterstützt werden, einen erneuten Antrag auf Arbeitslosenhilfe wird das Arbeitsamt dann mit der Berufung auf die Unterhaltspflicht der Eltern abschmettern.

Gegen den Bescheid des Arbeitsamtes hat die Bremerin Widerspruch eingelegt, der bis heute noch nicht beschieden wurde. Für eine Klage vor dem Sozialgericht ist der Widerspruchsbescheid allerdings notwendig: Ohne schriftliche Absage kann keine Klage eingereicht werden. Verzögert das Arbeitsamt den fälligen Bescheid, kann Heike N. auf eine einstweilige Anordnung des Sozialgerichts zur Zahlung von Alhi drängen. Bis dahin allerdings dürfte das kleine Sparguthaben verbraucht, der eigentliche Klagegrund also hinfällig sein.

Doch die arbeitslose Juristin wird sich nicht entmutigen lassen: Wenn sich die Nürnberger Bundesbehörde in ihrem Fall nicht rührt, will sie eine Untätigkeitsklage erheben. Sollte sie Recht bekommen, kommt das Prozeßrad erst richtig in Schwung. Denn dann steht für die Bewilligung der Arbeitslosenhilfe ebenfalls nur der Klageweg offen, weil sich das Arbeitsamt auf die Unterhaltspflicht der Eltern berufen wird.

Markus Daschne

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen