: Mehr Rechtsradikale in Niedersachsen
■ Niedersachsens neuer Innenminister Glukowski will den Verfassungsschutz des Landes nur um 80 Mitarbeiter abspecken / Im Verfassungsschutzbericht: Mehr Rechts- als Linksextremisten
Aus Hannover Jürgen Voges
Nach dem gestern veröffentlichten Verfassungsschutzbericht des Landes gab es im Jahre 1989 in Niedersachsen seit langem zum ersten Mal wieder mehr Rechts- als sogenannte Linksextremisten. Während sich die Zahl der vom V-Schutz gezählten Linken von 4.400 im Jahre 1988 auf 2.900 im Jahre 1989 verringerte, nahm die Zahl der Mitglieder in rechtsradikalen Organisationen im gleichen Zeitraum von 2.700 auf 3.400 zu. Nach Ansicht von Verfassungsschutz-Chef Bautsch haben die rechten Organisationen in Niedersachsen ihren Mitgliederhöchststand allerdings bereits wieder überschritten. Seit Jahreswechsel nehme die Zahl der Mitglieder rechter Organisationen wieder ab. Unklar sei allerdings, wie sich das erhebliche rechtsextremistische Potential in der DDR auf die hiesige Rechte auswirke.
Allen Skandalen zum Trotz braucht nach Ansicht des Landesinnenministers Gerhard Glugowski (SPD) auch das rot -grün regierte Bundesland einen „effizienten und guten“ Verfassungschutz. Glogowski kündigte gestern eine Verkleinerung des Geheimdienstes von jetzt 378 Mitarbeitern auf längerfristig „unter 300“ an und begründete dies mit einer Anpassung des Dienstes an die durch die neuere politische Entwicklung geänderte Gefahrenlage. Man habe allerdings keineswegs einen Zustand erreicht „indem es keine Gefährdungen für unsere freiheitliche Verfassungsordnung mehr gibt“.
Bei den niedersächsischen Grünen, die in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD eine drastische Reduzierung des Geheimdienstes vereinbart hatten, sind die lauen Ankündigungen Glugowskis gestern prompt auf Kritik gestoßen. Der grüne Landtagsabgeordnete Kempmann nannte gestern den von Glugowski angestrebten Personalabbau „völlig unzureichend“. Die Zahl der Geheimdienstler müsse in Zukunft in jedem Falle deutlich unter 200 liegen, sagte der grüne Abgeordnete.
Der Chef des niedersächsischen Verfassungsschutzes Joachim Bautsch betonte gestern in Anwesenheit von Innenminister Glogowski, daß seine Behörde auch in der Vergangenheit keineswegs zuviel Personal besessen habe. Allein wegen der Entwicklung im Bereich Spionage, in dem früher 70 Prozent der Angriffe aus der DDR gekommen seien, und der Entwicklung beim Linksextremismus sei jetzt ein Abbau von Personal möglich.
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