: „Möglichkeiten des Mißbrauchs“
■ Auszüge aus der Resolution des 4.Kongresses des Weltverbandes für Psychiatrie (Honululu im Jahre 1977)
DOKUMENTATION
Die vielseitigen und zum Teil widersprüchlichen Bindungen des Arztes in der heutigen Gesellschaft, der eigenartige und sich wandelnde Charakter des Arzt-Patient-Verhältnisses, die Möglichkeiten des Mißbrauchs psychiatrischer Kenntnisse und Fertigkeiten im Gegensatz zu den Prinzipien der Humanität: das alles sind Phänomene und Entwicklungstendenzen unserer Zeit, die den Psychiater in seiner Wissenschaft und Praxis mehr denn je zur Wahrung ethischer Grundsätze in seinem Denken und Handeln verpflichten.(...)
Die Generalversammlung des Weltverbandes für Psychiatrie hat deshalb die folgenden Leitlinien einer fachspezifischen Berufsethik als verbindlich für die Psychiater in aller Welt erklärt.
1. Aufgabe der Psychiatrie ist die Pflege der seelischen Gesundheit, die Förderung der persönlichen Entwicklung des Menschen mit dem Ziel der Selbstverantwortung und der Selbstbestimmung in Freiheit.
Der Psychiater soll in Übereinstimmung mit den anerkannten Prinzipien seiner Wissenschaft und der ärztlichen Ethik nach bestem Wissen und Können den Interessen seines Patienten dienen.(...)
7. Der Psychiater darf sein berufliches Wissen und Können niemals zur Mißhandlung von Einzelpersonen oder Gruppen benutzen. Er sollte stets darauf bedacht sein, daß persönliche Wünsche, Gefühle oder Vorurteile sein ärztliches Handeln in keiner Weise beeinflussen.
Der Psychiater darf sich nicht an einer Zwangsbehandlung beteiligen, die nicht aufgrund des Krankheitszustandes erforderlich ist. Wenn vom Patienten oder von dritter Seite Maßnahmen verlangt werden, die gegen wissenschaftliche oder ethische Grundsätze verstoßen, muß der Psychiater seine Mitwirkung verweigern.
Zitiert nach Gustav Keller: Die Psychologie der Folter. Fischer TB-Verlag, 1981, S.92ff
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