Erneuter Schuldspruch im „Soldaten-Prozeß“

■ „Soldaten sind potentielle Mörder“ gilt wieder als Beleidigung

Berlin (taz) - Was in Frankfurt straffrei bleibt, wird in Mainz verurteilt. Für den Satz „Alle Soldaten sind potentielle Mörder“ muß der 26jährige Diplomingenieur Andreas Speck aus Bad Kreuznach wegen Beleidigung 100 Tagessätze a 30 DM bezahlen. Am 20. Oktober letzten Jahres hatte das Frankfurter Landgericht in einem aufsehenerregenden Verfahren einen Arzt wegen desselben Ausspruchs vom Vorwurf der Beleidigung und Volksverhetzung freigesprochen.

Der Frankfurter Arzt Peter Augst hatte einem Jugendoffizier der Bundeswehr vorgeworfen: „Alle Soldaten sind potentielle Mörder - auch Sie.“ Augst wurde letztendlich freigesprochen, da die an sich beleidigende Äußerung vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt sei.

Die bundesweite Urteilsschelte veranlaßte den Totalverweigerer Andreas Speck, sich in einem Leserbrief mit dem Frankfurter Arzt zu solidarisieren und darin den inkriminierten Satz zu wiederholen. Zwei Reservisten und drei aktive Soldaten fühlten sich in ihrer Ehre gekränkt und stellten Strafantrag. Richter Pohlen vom Mainzer Amtsgericht gab ihnen recht und ging in seinem Urteil noch um 500 DM über die Forderung des Staatsanwaltes hinaus. Daß schon 1932 das Reichsgericht Carl von Ossietzky wegen der Tucholsky -Äußerung in der 'Weltbühne‘: „Soldaten sind Mörder“ freigesprochen hatte, störte das Schöffengericht nicht.

bs