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SPD-Volkskammerfraktion steht zur Koalition

■ SPD-Fraktionsvorsitzender Richard Schröder mit 42 Stimmen wiedergewählt / 23 Stimmen für Koalitionsgegner Stockmann

Berlin (dpa/taz) - Der DDR-SPD-Fraktionsvorsitzende Richard Schröder war unruhig. Seine Wiederwahl als Fraktionsvorsitzender stand am späten Dienstag abend auf dem Spiel. Vor vier Monaten war er erstmals gewählt worden, nachdem der damalige Vorsitzende Ibrahim Böhme seine Ämter wegen des Verdachts der Stasi-Mitarbeit niedergelegt hatte. Seitdem hatte Schröder die Fraktion in die Koalition geführt und sie auch trotz massiver Kritik dort gehalten. Er will die SPD und die DDR geordnet in die Vereinigung führen.

Der Führungsstil des 46jährigen Theologen, der für seine trockenen Witze bekannt ist, war von Anfang an straff. Er gilt als einer der Architekten der Großen Koalition und als enger politischer Wegbegleiter Lothar de Maizieres. Gerade das enge Verhältnis zum Premier und das staatsmännische Auftreten hat Schröder in der 88köpfigen Volkskammerfraktion heftige Kritik eingebracht. Eigenmächtiges Handeln, zuviel „Mauscheleien“ mit de Maiziere und zu CDU-nah wurde ihm vorgeworfen.

Böhme hatte im Vorfeld der Fraktionssitzung noch angekündigt, ein aus der Zeit vor der Wende bekannter Sozialdemokrat werde gegen Schröder antreten. Die SPD müsse aus der Koalition heraus, um den Wahlkampf bestehen zu können. Am Dienstag nachmittag hatte der Bonner SPD-Kandidat Lafontaine vor der Fraktion geredet, von dem bekannt ist, wie sehr er die Koalitionspolitik der DDR-SPD ablehnt.

Einer der Teilnehmer meinte vor dem Gang zur Urne, Schröder sei „schwer angezählt“ worden. Als Gegenkandidat zu Schröder stellte die Parteilinke den 39jährigen Theologen und Diplom -Ingenieur Ulrich Stockmann auf. Schröder selbst hatte die Grenzen des für ihn Zumutbaren festgelegt. Teile der SPD seien zwar koalitionsmüde, ein Ausstieg aus rein wahlkampftaktischen Gründen sei mit ihm jedoch nicht zu machen. SPD-Chef Wolfgang Thierse brach auf der Fraktionssitzung eine Lanze für Schröder. 42 von 67 anwesenden Fraktionsmitgliedern stimmten in der geheimen Wahl für Schröder

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