: Unmenschliche Machtinstitution
■ betr.: "Betonspritzen für den anstaltsfrieden", taz vom 14.7.90
betr.: “'Betonspritzen‘ für den Anstaltsfrieden“, taz vom 14.7.90
Der Bericht über die Realität in dieser psychiatrischen Abteilung hat mich sehr erschüttert und meine Angst, hilflos zu sein gegenüber einer solchen Machtinstitution, noch verstärkt.
Grundgesetz, Strafvollzugsgesetz, Resozialisierung bilden nur eine Fassade, hinter der sich eine von Schikanen, Knechtung, Umerziehung, Repressalien und menschenunwürdig gekennzeichnete Welt verbirgt. Es ist zu verstehen, wenn aus anderen Staaten immer noch vor Deutschen und einem Deutschland gewarnt wird. Denn gelernt haben einige doch offensichtlich nichts aus einer Ära deutscher Geschichte, die sie nicht nur vom Hörensagen kennen, sondern bewußt miterlebt und gelebt haben. (...)
Besonders erschreckend ist festzustellen, wie gering die Aufmerksamkeit und Hilfe von außen ist, solche Praktiken doch offensichtlich über Jahre, Jahrzehnte gedeckt wurden und heute, genau wie in einer anderen Zeit, runtergespielt werden oder mit einem Mantel der Notwendigkeit behangen sind. Ob Menschen dabei zerstört werden, Schäden in ihrer Persönlichkeit entstehen oder vergrößert werden oder irgendwann sich durch Selbstmord aus einer solchen „humanen, die Persönlichkeit achtenden Welt“ verabschieden, belastet weder den Arzt noch den Anstaltsleiter und besonders nicht eine sich christlich nennende Partei. (...)
Günther Bleidt, JVA Limburg
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