: Gästehaus ohne Gäste?
■ Einweihung des Bonner Petersberg ohne Bush und Gorbi
Eigentlich hatten sich Außenminister Genscher und Bauministerin Hasselfeld die Einweihung ihres pompösen Gästehauses auf dem Petersberg (das alte wurde fast ganz abgerissen und neu aufgebaut, Kostenpunkt lächerliche 129 Millionen) ganz anders vorgestellt: Ein berühmter Staatsgast, am besten der amerikanische oder der sowjetische Präsident, sollte mit großem Tross anreisen und auf dem Petersberg nächtigen. Doch die beiden Präsidenten haben im Moment keine Zeit, Betten zu testen. Statt ihrer durfte gestern die Bonner Journaille ran. Und die interessierte sich nur für das eine: Was wird aus dem Gästehaus der Bundesregierung, wenn es in Bonn bald keine Bundesregierung mehr gibt? Wer soll in die sieben für Staatsgäste reservierten Pracht-Suiten einquartiert werden? Die Ministerin wußte keine Antwort. Auch die Skandalchronik der mehrjährigen Bauzeit blieb unerwähnt - am Ende wurde der Prachtbau 30 Millionen teurer als geplant, der zuständige Bundesbaudirektor wurde „freiwillig gegangen“.
Zu allem Überdruß hat sich die Bundesregierung jetzt auch noch bei den Nordrhein-Westfalen in die Nesseln gesetzt: Die luxuriöse Präsidenten-Suite soll nicht - wie geplant „Nordrhein-Westfalen“ heißen, sondern „Berlin“. Bauministerin Hasselfeld hält sich da raus. Sie hat schnell noch einigen „repräsentativen Räumen“ die Namen „Mecklenburg“, „Sachsen“ usw. verpaßt. Ansonsten freut sie sich, daß auch „Wanderer und andere den Außenbereich und das Restaurant“ nutzen können. * * *
Fritze Zimmermann, Noch-Bundesverkehrsminister, bleibt aber auch garnichts erspart. Letztes Jahr, als er gerade auf Großwildjagd in Namibia war, haben sie ihm das Inneministerium weggenommen. Dann haben sie ihm sein Landshuter CSU-Direktmandat für die Bundestagswahl geklaut. Einen Listenplatz kriegt er auch nicht: aus und vorbei die politische Karriere. Letzten Mittwoch ist er 65 geworden, und der Bundeskanzler nutzte die Gelegenheit, ihn nochmal reinzutunken. Wenn wir Regierungssprecher Klein glauben dürfen, dann hat Kohl das Thema von Zimmermanns Doktorarbeit verraten: „Die elterliche Gewalt der Frau“. Mit diesem Werk sei er „ein natürlicher Kombattant“ von Frauenministerin Lehr, ulkte Kohl über den armen Fritz. Außerdem, so berichtet Klein in seiner hämischen Pressemitteilung, „würdigte der Kanzler Lebensweg und Lebensleistung“ Zimmermanns: Gymnasiast, Kriegsteilnehmer, Abitur und Studium, Regierungsrat usw. Vor allem soll Kohl „das Stehvermögen“ von Old Schwurhand und seine „zupackende Art“
-Zimmermann gilt als der faulste Minister aller Zeiten gelobt haben. Es geht halt nichts über Männerfreundschaften.
Tina Stadlmayer
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