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Nordländer gegen das Zweite

■ „Südlastig“: Die SPD-regierten Küstenländer denken an die Kündigung des ZDF-Staatsvertrages

Von Axel Kintzinger

Berlin (taz) - Niedersachsens Ministerpräsident Gerhard Schröder (SPD) hat gestern den Bericht einer hannoverschen Zeitung bestätigt, wonach die Regierungschefs der vier norddeutschen Länder (alle SPD) die Kündigung des Staatsvertrages aller elf Bundesländer über das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) überlegen. Konkretes sei bei einem Treffen von Björn Engholm (Schleswig-Holstein), Henning Voscherau (Hamburg), Klaus Wedemeyer (Bremen) und Schröder Anfang Juli in Bremen noch nicht beschlossen worden.

In einer Protokollnotiz dieses Nordgipfels hatte der Leiter der Bremer Staatskanzlei, Staatsrat Andreas Fuchs, Stichworte wie „Neugründung eines alternativen ZDF“ und „ausgeprägte Südlastigkeit“ niederschreiben lassen. Schröder unterstrich gestern, die Mainzer Fernsehanstalt sei in ihrer Berichterstattung übermäßig auf Süddeutschland orientiert und in manchen Bereichen zu rechtslastig. Der SPD-Politiker versucht, diese Kritik auch mit der Besetzung der ZDF -Aufsichtsgremien, die politisch einseitig nach rechts ausgerichtet seien, zu begründen. Pikant: Ausgerechnet für den gestrigen Nachmittag hatte sich ZDF-Intendant Dieter Stolte zum Antrittsbesuch beim neuen niedersächsischen Ministerpräsidenten angekündigt.

Im ZDF wehrt man sich gegen die Kritik aus Norddeutschland. So hält „Länderspiegel„-Redakteur Alois Theysen den Vorwurf der „Südlastigkeit“ für absoluten „Quatsch“. So sei etwa Hamburg in der Berichterstattung dieser Sendung überproportional repräsentiert. Und Niedersachsen habe allein der „Länderspiegel“ im Laufe des letzten Jahres zwei Sendungen gewidmet - die Wahlberichterstattung inbegriffen. „Vielleicht haben wir dabei zu selten Gerhard Schröder interviewt“, lästert der ZDF-Redakteur.

Die niedersächsischen Oppositionsparteien CDU und FDP haben die Überlegungen der Nord-Ministerpräsidenten scharf verurteilt. Niedersachsens CDU-Fraktionschef Jürgen Gansäuer sprach von einem „übelsten Versuch parteipolitischer Gleichschaltung“ öffentlich-rechtlicher Medien. Gansäuer kennt sich da aus: Die Umpolung des Norddeutschen Rundfunks (NDR) auf einen Haussender der CDU gehört zu den wenigen Erfolgen der im Mai abgewählten CDU-Landesregierung.

Die SPD-regierten Nordländer hatten in den letzten Wochen ohnehin schon rundfunkpolitischen Wirbel verursacht. Sie haben sich zum Ziel gemacht, die Aufsichtsgremien des NDR neu zu besetzen, um, so die offizielle Aussage, den Einfluß der Parteien zu beschränken. Sie denken daran, Organisationen wie den Bundeswehrverband oder die Vertriebenen-Vertreter gegen Mietervereine oder Umweltschutzorganisationen wie Greenpeace auszutauschen.

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