Dollardämmerung

McCASH FLOW

„Nichts bleibt, wie es mal war.“ Willy Brandts tiefe Weisheit zu Mauerfall und Blockauflösung ist allseitig wirksam. Aber während alle Welt Veränderungen vordringlich im alten Ostblock verortet, ist die neue Zeit schon im Herzen der Bestie angekommen. Die Leitwährung sackt ab! 1,60 DM - das wußte jeder Devisenhändler, Gelegenheitsbörsianer und IWF-Kritiker der späten achtziger Jahre - ist die Interventionsgrenze für den Dollar. Auf die Notenbanken von G7 war Verlaß, der Reflex der Stützungskäufe für die Leitwährung funktionierte als echter Rückversicherungsmechanismus für alle DollaranlegerInnen. Daß am 31. Dezember 1987 die Marke 1,58 überhaupt auftauchte, hatte offensichtlich auch mit der menschlichen Unaufmerksamkeit in Richtung Silvesterfeiern zu tun - danach war G7 wieder voll da. Heute ist man sich auf den trading floor einig: Stützungskäufe bei 1,55 DM, massiven Widerstand bei 1,50. Der Dollar hat Freunde verloren, zum Beispiel die extra-treue immer export-geile deutsche Wirtschaft. Wo aber jahrelang eine 1a-Konjunktur auch mit niedrigem Dollarkurs läuft, erlahmt der Druck auf die Frankfurter Notenbänker das Jammern über wirtschaftlichen Niedergang ist sowieso unglaubwürdig. Nicht ohne Grund sind sich die Kapitalmarkt -Experten einig: Der Kapitalbedarf des nächsten Jahrzehnts besteht in Europa, Ost-Aufbau kostet Geld - also ein sicherer, mindestens mittelfristiger Trend auf hohe Zinsen bei den Europäern. Ob das amerikanische Zeitalter zu Ende geht? Noch hat die Dollarbaisse nicht auf die Aktienbörse durchgeschlagen. Aber es ist ja auch schließlich allgemeine Urlaubszeit.

Geo