: „Wir sind schon schlau genug“
■ Grüne Bürgerschafts-Fraktion will Ralf Fücks allenfalls aus Mitleid beschäftigen
Wenn in Bremen jemand wirtschaftspolitische Kompetenz hat, dann ist es die grüne Bürgerschaftsfraktion. Sie strotzt geradezu vor Wissen um die komplexen Zusammenhänge von Investitionen, Ökologie, Arbeitsplätzen, Markt und Macht. Das meint zumindest die grüne Bürgerschaftsfraktion.
Ihr ehemaliger Mitstreiter Ralf Fücks dagegen hat allenfalls ein kleines bißchen Ahnung von Ökonomie, von Politik aber versteht der inzwischen erwerbslose ehemalige Bundesvorsitzende ganz bestimmt nichts. Auch das meint die grüne Bürgerschaftsfraktion und lehnte deshalb am 11. Juli erstmal Fücks Angebot ab, die Bremer Partei per Werkauftrag bis zum 1. November mit einem Wirtschaftsprogramm zu versorgen, einem „Alternativ-WAP“ zum Wirtschafts-Aktions -Programm des Senats, das nicht Weltmarkt-Trends blind hinterherläuft, sondern Wirtschaftsförderung auf ökologische Innovation und Konversion konzentriert. So hatte es Fücks am 5. Juli schriftlich der Fraktion vorgetragen, um „rasche Entscheidung“ gebeten und angefügt: „Eine gewissen Qualifikation für dieses Projekt werdet Ihr mir nicht absprechen wollen.“
Da hatte sich das wirtschaftspolitische Greenhorn Fücks aber gewaltig getäuscht. Mit den bekannten Abgeordneten Paul Tiefenbach und Manfred Schramm verfügt die grüne Fraktion nämlich bereits über höchste wirtschaftspolitische Kompetenz. Eine Zuarbeit des arbeitslosen Fücks käme zwar womöglich unter sozialen Gesichtspunkten in Frage (obwohl Fücks bereits freiwillig seinen arbeitsrechtlichen Anspruch auf eine Fraktions-Stelle abgetreten hatte), inhaltlich und konzeptionell sei der grünen Fraktion aber nicht zu helfen, von Fücks schon gar nicht. Die Fraktion vertröstete, am 3. September werde man eventuell erneut beraten, bis dahin bestehe vielleicht auch Klarheit, ob die erbetenen 5.500 Mark für den Werkvertrag im Rahmen des beschränkten Fraktionshaushalts überhaupt zu erbringen sein könnten.
„Ich mag nicht verhehlen“, schrieb Fücks am 11. Juli daraufhin an die grüne Fraktion, „daß ich Eure Entscheidung mit einiger Enttäuschung (um keine härteren Vokabeln zu gebrauchen) zur Kenntnis genommen habe.“ Da rührte es den Abgeordneten Schramm. Gerne sei er bereit, schrieb er jetzt an Fücks, dem Freizeitpolitiker mit den 1.500 Mark, die ihm für persönliche Zuarbeit zur Verfügung stehen, aus der Patsche zu helfen. Doch ob Fücks „Anti-WAP“ am Ende veröffentlicht wird oder in seiner Schublade bleibt, das will Wirtschaftsexperte Schramm sich vorbehalten. „Das ist doch immer so“, wundert er sich über Bedenken an dieser Absicht, „wer den Auftrag gibt, hat das Recht, mit dem Ergebnis zu machen, was er will.“
Rosi Roland
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen