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Flüchtlinge sollen umziehen

■ Senat will Ostberliner Unterkünfte übernehmen / Ausländerbeauftragte in Ost-Berlin protestieren, weil Plätze möglicherweise bald selbst gebraucht werden

Ost-Berlin. Im Westteil der Stadt sind die Unterkünfte für Flüchtlinge überfüllt, private Betreiber nutzen die Notlage aus und treiben die Unterkunftspreise in exorbitante Höhen. In Ost-Berlin dagegen sind die Flüchtlingsquartiere meist ehemalige Militär- oder Stasi-Kasernen nicht voll belegt. Was liegt also näher, dachte sich Ost-Berlins Sozialstadtrat Sparing (CDU), als seiner Westberliner Kollegin, Sozialsenatorin Stahmer (SPD), unter die Arme zu greifen. Die NVA-Kaserne in Biesdorf - zur Zeit wegen Renovierungsarbeiten ohnehin fast leer - soll mit Asylantragsstellern aus West-Berlin belegt werden, die auf ihre Verteilung nach Westdeutschland warten. Ein Vertragsentwurf von westlicher Seite liegt bereits vor.

Wenig begeistert zeigte man sich gestern jedoch sowohl bei der Ausländerbeauftragten des Magistrats als auch beim Ministerrat. Die prekäre Unterbringungssituation im Westteil der Stadt ist den Ausländerbeauftragten im Osten wohl bewußt. „Kooperation auf jeden Fall“, sagt Klaus Pritzkuleit, Abteilungsleiter der Ausländerbeauftragten der DDR. Doch letztlich müsse angesichts steigender Flüchtlingszahlen in der DDR das Belegrecht in jedem Fall auf Ostberliner Seite bleiben. Allein am Mittwoch und Donnerstag waren rund 150 Flüchtlinge aus Sri Lanka und dem Libanon auf dem Flughafen Schönefeld eingetroffen. Diese schlagen sich nicht mehr, wie bisher, in den Westteil der Stadt durch, sondern beantragen Asyl in Ost-Berlin.

Nach Angaben von Edda Eisenhardt, Pressesprecherin der Ostberliner Ausländerbeauftragten, sind die Unterkünfte in Schildo und Ahrensfelde mit insgesamt etwa 800 Menschen voll belegt. In der ehemaligen Kaserne der Staatssicherheit in Hessenwinkel mit einer Kapazität für 650 Personen sind 150 Menschen untergebracht.

Wann der Vertrag zur Übergabe der Biesdorfer Kaserne an den Senat unterschrieben werde, steht nach den Worten Sparings „in den Sternen“. Der Sozialstadtrat versicherte, daß bei eigenem Bedarf die Plätze „natürlich wieder von unserer Seite belegt werden“. Das könnte angesichts der wachsenden Anzahl von Flüchtlingen in Ost-Berlin schneller als erwartet der Fall sein. Es sei denn, die in der Bundesrepublik bereits praktizierte Abschreckungsstrategie greift nun auch in Ost-Berlin: seit einigen Tagen kontrolliert dort der Bundesgrenzschutz - und der hat auch in Frankfurt am Main nach kurzer „Anhörung“ so manchen Flüchtling kurzerhand wieder ins Flugzeug befördert.

Andrea Böhm

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