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Bremen bleibt hart gegenüber Roma

■ Trotz Mahnwache und öffentlicher Proteste besteht Innensenat auf Ausweisung von dreißig Roma nach Jugoslawien

Aus Bremen Dirk Asendorpf

Wenn Bremens Innensenator Peter Sakuth vom Schreibtisch aufsieht, dann fällt sein Blick direkt auf ein Zeltlager im Vorgarten seines großbürgerlichen Amtssitzes. Rund zehn Roma -Familien halten seit Dienstag in ihren Zelten Tag und Nacht Mahnwache, denn auf Anweisung des Senators sollen dreißig Roma abgeschoben werden. Sie gehören zu einer Gruppe von insgesamt hundertfünfzig Roma, die im Sommer 1987 aus dem südjugoslawischen Kosovo nach Bremerhaven geflohen waren und nach der Ablehnung ihrer Asylanträge nun alle von Ausweisung bedroht sind.

„Wir heimatlosen Roma werden wie Spielzeug behandelt“, beklagt sich Bejat Mustafoski. Im Mai diesen Jahres hatten er und seine Familie am 44tägigen „Bettelmarsch“ teilgenommen, der die Roma von Bremen bis an die niederländische Grenze nach Aachen geführt hatte. Damals erneuerte sich die Hoffnung, daß die Roma aus ihrer neuen Heimat in Bremerhaven nicht wieder vertrieben würden. Im Bundeskanzleramt waren die Anträge auf Anerkennung als Heimatlose nach der Genfer Flüchtlingskonvention angenommen worden, und die niederländische Regierung hatte nach einer Grenzblockade zugesagt, eine Aufenthaltserlaubnis für die Bremerhavener Roma zu prüfen.

Doch in beiden Verfahren hat sich bis heute nichts bewegt. Dafür endete am 25. Juli der morgendliche Besuch des Rom Ekrem Imer bei der Bremerhavener Ausländerbehörde nachmittags um 17:30 Uhr in Zagreb. Ohne Möglichkeit, seinen Anwalt zu verständigen, wurde Imer von der Polizei direkt ins Flugzeug gesetzt. Mit Unterstützung der Hamburger „Roma und Cinti Union“ versteckten sich daraufhin die direkt von Abschiebung bedrohten Roma. Und die anderen versuchten, ihrem Anliegen mit der Besetzung des niederländischen Konsulats in Hamburg Nachdruck zu verleihen. Seit Dienstag kampieren sie schließlich direkt vor den Augen des Inennsenators.

Trotz aller Aufrufe von Pastoren, Jusos, Grünen bis hin zum Bremerhavener DGB-Chef, den Roma, die sich in Bremerhaven gut eingelebt haben, per Einzelfallentscheidung ein Bleiberecht zu geben, bleibt die Behörde hart: Eine Duldung der 150 Menschen des verfolgten Volkes wird es nicht geben, juristisch seien ihre Asylverfahren erfolglos beendet. Ein „Verfolgungsdruck“ bestehe in Jugoslawien nicht.

Statt eine politische Erklärung in der Sachezu geben, klagt der Senator nun über eine „unzumutbare hygienische Situation“ in dem Zeltlager vor seiner Tür. Aufnahmeangebote der Kirche und des Roten Kreuzes lehnen die Roma ab. „Wenn wir schon abgeschoben werden, dann sollen es alle sehen können“, sagt Bejat Mustafoski.

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