„Die Sonne bringt es an den Tag“

■ Versuch eines Erklärungsansatzes bezüglich der Pokalpleiten von München und Dortmund

PRESS-SCHLAG

Endlich bietet sich Gelegenheit, etwas von Rudolf Augsteins wöchentlichem Umherirren zwischen Bismarck und Napoleon auf die Niederungen der Sportwelt rüberzuschaufeln: Bravo, Herr Kohl! rufen wir also ein bißchen verspätet, Sie haben Geschichte gemacht, Sie werden auf lange unvergessen bleiben, an Ihnen kann keiner vorbei!

Schon gar nicht konnte Brian Laudrup an Ihnen vorbei, der sechs Millionen teure Ball-am-Fuß-klebe-Dribbler aus der Abt. „Ästhetik im Sport“, weil Sie, Ralf Kohl aus Weinheim, über sich hinauswuchsen beim Kampf David gegen Goliath - und weil das schon abgedroschen ist, sparen wir uns die Arie vom Pokal mit seinen ach so eigenen Gesetzen. Fangen lieber mal an zu deuten. Suchen Antwort auf die Frage: Warum? Finden Sie weder bei Hoeneß („Wenn ich das wüßte“) noch bei dem nicht minder blamierten Dortmunder Spieler Gerhard Poschner („Da kann man nichts sagen, da fällt einem überhaupt nichts ein“). Ganz schlecht ist das, weil einen auch die beiden Verantwortlichen Herren Köppel („Das ist eine große Katastrophe“) und Heynckes („Jetzt haben wir wenigstens den Nimbus der Unbesiegbarkeit verloren“) nicht weiterbringen.

Schön, daß der Bayern-Manager dann doch noch eine kleine Spur gelegt hat mit der Bemerkung, überdurchschnittliches zu leisten „ist aber bei 46 Grad Celsius kaum möglich“. Das führt schnurgrad zu einem meteorologischen Paradoxon: Für Amateure, darf daraus gefolgert werden, gilt das entweder nicht, oder die haben geschickt die kalten Stellen auf dem Platz genutzt.

Alles Unfug? Irgendwie schon und dann doch wieder nicht, weil halt niemand bedacht hat, daß Profis seniblere Menschen sind. Weil die nämlich so viel trainieren und deshalb schneller und länger rennen können als andere, als einen zum Bersten energievollen Korpus herumtragen, reagiert der hochgezüchtete Organismus gaaanz empfindlich auf jedweden äußeren Reiz.

So richtig tauglich sind Menschen wie Reuter und Augenthaler nur bei kontinentalem Durchschnittsklima, ein Phänomen, das Eingeweihte längst ahnten und dem Adalbert von Chamisso schon 1827 prophetisch entgegengedichtet hat: „Die Sonne bringt es an den Tag.“

Und die stand glühend und hoch nicht nur überm Weinheimer Sepp-Herberger-Stadion, die Profis wurden im Wortsinn: ausgebrannt, weil die DFB-Statuten den guten Rat aus dem Struwwelpeter - „Die Sonne schien ihm aufs Gehirn, da nahm er seinen Sonnenschirm“ - nicht zulassen. Hätte ja auch ein bißchen albern ausgesehen, wenn Frank Mill beschirmt gegen die zweitklassigen Fürther Amateure..., und hätte es dann nicht geheißen, die Profis seien schändlich hochmütig gewesen usw. Eine ausweglose Situation für die Borussen, zumal die abgefeimten Franken nach zwei Minuten bereits einen Spieler verloren (rot!) und solcherart geschwächt Mitleid heischten.

Jetzt aber Schluß mit dem Spott, weil, wie Dortmunds Manager Michael Meier glaubt, die armen Berufsfußballer genug gestraft wären durch die Niederlage (weshalb er ihnen das volle Gehalt überweisen wird). Laben wir uns lieber an der Überschrift von 'dpa‘, die wir ersatzweise für den Zungentest „Fischers Fritz fischt...“ anbieten: „Feinblechner Schwechheimer demontiert Münchens Millionentruppe“, wobei der Höhepunkt eindeutig in der Kombination von Beruf und Torschützen liegt.

Das ist natürlich kein richtiger Trost für die leidenden Anhänger der Borussen und Bayern, und weil Gemeinheiten so gar nicht unsere Sache sind wollen wir sie mit dem hilfreichen Vers aus einem romantischen Zaubermärchen Ferdinand Raimunds in die neue Woche schicken: „Scheint die Sonne noch so schön, einmal muß sie untergehn.“

Und dann schlagen die Profis wieder zu.

Herr Thömmes