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Bannstrahl gegen Saddam Hussein

■ Nach der gemeinsamen Aufforderung der USA und der Sowjetunion, „konkrete Maßnahmen“ zu ergreifen, um den Irak zum Rückzug aus Kuwait zu zwingen, haben nun die EG-Staaten drastische Sanktionen beschlossen: Der Import von Erdöl aus dem Irak und der Export von Waffen in den Irak werden ab sofort unterbunden. Der Diktator des Zweistromlands baut indes mit irakischen „Freiwilligen“ eine kuwaitische Volksarmee auf.

EG beschließt Sanktionen gegen den Irak

Mit harten Sanktionen will die Europäische Gemeinschaft Irak zwingen, sich aus dem von ihm militärisch besetzten Kuwait zurückzuziehen. Am Samstag verhängte sie bei einer Tagung der politischen Direktoren der Außenministerien der EG -Staaten ein „sofortiges Embargo“ gegen Ölimporte aus Kuwait und Irak. Ferner beschloß sie, die irakischen Guthaben in den EG-Ländern einzufrieren, Lieferungen von Waffen und militärischer Ausrüstung an Irak zu stoppen sowie jede Kooperation der EG-Länder mit Irak auf militärischem, technischem und wissenschaftlichem Gebiet auszusetzen. Schließlich wurden die Handelsvorteile gestrichen. Den Auftakt zur internationalen Isolierung des Regimes von Saddam Hussein gaben die USA und die Sowjetunion mit ihrer gemeinsamen Erklärung vom Freitag abend, in der sie vereint von der internationalen Gemeinschaft „konkrete Maßnahmen“ gegen den Irak verlangten.

Zur Durchsetzung der bereits von US-Seite beschlossenen Sanktionen gegen den Irak schlug US-Präsident Bush am Samstag außerdem vor, die irakische Ölleitung durch die Türkei zu sperren. Die Hälfte der irakischen Ölexporte fließt durch diese Pipeline. Die türkische Regierung gab zunächst keinen Kommentar zu Bushs Vorschlag ab. Gestern jedoch traf der Erste Stellvertrende Ministerpräsident Iraks in Ankara bereits zu einem Besuch ein.

Auch Frankreich ist zu verschärften Sanktionen gegen Irak entschlossen. Nach einer Krisensitzung am Samstag abend sagte der Wirtschaftsminister und interimistische Premierminister Beregovoy, „eine Blockade auf See und eine Unterbrechung der Ölleitungen“ könnte in Erwägung gezogen werden, falls das Embargo für Rohölimporte nicht ausreiche.

Auch Japan hat sich in die Front gegen Irak eingereiht. Es verbietet mit sofortiger Wirkung sämtliche Erdölimporte aus Irak und Kuwait und Exporte japanischer Waren in diese beiden Länder. Überdies wurde ein Kredit von 2,67 Milliarden Dollar an den Irak gesperrt.

Daß es den USA nicht allein um die bereits wieder heruntergespielte irakische Bedrohung Saudi-Arabiens geht, wird aus Erklärungen deutlich, wonach die endgültige Absetzung des kuwaitischen Herrscherhauses nicht akzeptiert werden könne. „Die Wiedereinsetzung der legitimen Regierung Kuwaits“ bleibe ein Ziel der US-Politik, erklärte der Sprecher des Weißen Hauses, Fitzwater, am Sonntag. Am Samstag war die Zusammensetzung der vom Irak eingesetzten „Provisorischen Regierung des Freien Kuwait“ bekannt geworden. Es handelt sich ausschließlich um Militärs. Ein Oberst Ala'a Hussein Ali führt die Regierung an und ist gleichzeitig Chefkommandant der Streitkräfte, Verteidungsminister und innenminister. Die bestehende kuwaitische Opposition hat es offenbar abgelehnt, sich an dieser Regierung zu beteiligen. Dem alten Regime nahestehende kuwaitische Diplomaten erklärten, die von der irakischen Nachrichtenagentur 'ina‘ bekanntegebenen Kabinettsmitglieder seien allesamt keine Kuwaitis, sondern Irakis. Bagdad dementierte jedoch: die Regierung bestehe aus Angehörigen bekannter Kuwaiter Familien. Die „Provisorische Regierung“ hat am Wochenende eine „Volksarmee“ ins Leben gerufen, die inzwischen aus 140.000 zumeist irakischen Freiwilligen besteht. Sie soll die „Sicherheit“ Kuwaits garantieren.

Nach dem anfänglichen Schweigen haben jetzt auch die Arabische Liga und die seit einer Woche tagende Islamische Konferenz die irakische Invasion Kuwaits verurteilt. Gegen die Resolution der Arabischen Liga stimmten außer Irak noch Jordanien, Palästina, Jemen, Mauretanien und der Sudan. Der jordanische König Hussein lehnt internationale Sanktionen zum jetzigen Zeitpunkt als „verfrüht“ ab. Zudem übte er Kritik am „ägyptischen Prädidenten Husni Mubarak und anderen“, die ihn am Freitag mit dem Auftrag nach Bagdad geschickt hätten, das Gipfeltreffen mit dem irakischen Präsidenten Saddam Hussein zu vereinbaren. Ihm sei zugesichert worden, daß die Arabische Liga sich nicht sofort zum irakischen Einmarsch äußern werde, sagte der König. Hussein erneuerte seinen Aufruf an den Westen, in den Konflikt nicht einzugreifen und es der arabischen Welt zu überlassen, eine Lösung zu finden.

Am Rande der Sitzung kritisierten Palästinenser, die kuwaitische Regierung habe in der Vergangenheit ihre finanziellen Verpflichtungen zur Unterstützung der Palästinenser in den israelisch besetzten Gebieten nicht eingehalten. Die Invasion irakischer Truppen in Kuwait wurden von den Palästinensern in der West Bank und im Gaza -Streifen gespalten aufgenommen. „Die meisten Palästinenser glauben jetzt, daß Gewalt die einzige Lösung für unser Problem ist“, befürchtet Riad el Agha, moderater Ex -Präsident der Universität Gaza am Sonntag, „Saddam Hussein hat gute Beziehungen zu Abu Amar (PLO-Chef Jassir Arafat), und die meisten Araber hoffen, daß er uns helfen wird.“ Die 'Jerusalem Post‘ betonte, daß viele Kuwaitis von Palästinensern ohnehin „als saufende Fettwänste verachtet werden, die in London hinter den Röcken herlaufen und Millionen verspielen“. Doch melden sich in den besetzten Gebieten auch besorgte Palästinenser zu Wort. Immerhin leben in Kuwait rund 300.000 palästinensische Araber, von denen 50.000 als Gastarbeiter den Lebensunterhalt für sich und ihre Familien in ihrer besetzten Heimat verdienen. Sollten sie aus Kuwait zurückkehren, wäre dies eine schwere Bürde für die wirtschaftlich bedrängte Bevölkerung. Ein PLO -Sprecher warnte daher: „Durch die Aktion hat der Irak Israel das größte Geschenk gemacht.“

D.J.

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