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Bonn: Die große Angst vor den Zähnen des „Cerberus“

■ Eine große Koalition gegen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß zum neuesten Rüstungsskandal / SPD befürchtet Thematisierung der Verantwortung von SPD-Ministern

Berlin (taz) - In einer Sondersitzung beschäftigt sich der Verteidigungsausschuß des Bundestages heute nachmittag mit der Affäre „Cerberus“. Als der Skandal um die von Hardthöhe und Bundesnachrichtendienst am Parlament vorbei betriebene Beschaffung eines milliardenteuren Stör- und Täuschsenders für das Kampfflugzeug „Tornado“ am 24. Juli bekannt wurde, war die Aufregung groß. Politiker von Grünen und SPD forderten die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Doch zu einem Ausschuß, für dessen Einsetzung die Stimmen der Grünen allein nicht ausreichen, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach doch nicht kommen. Denn die Spitze von SPD-Partei und Fraktion befürchtet, daß ein solcher Untersuchungsausschuß auch ans Licht bringen würde, welche Verantwortung die sozialdemokratischen Verteidigungsminister der siebziger Jahre, Helmut Schmidt und Georg Leber, für das „Cerberus„-Projekt hatten.

Nach außen hin werden bei den Sozialdemokraten andere Gründe genannt: die Zeit bis zum Ende der Legislaturperiode sei zu kurz, um den ganzen komplexen Fall aufzurollen. Dahinter steht auch die Befürchtung, daß die CDU, der der Ausschußvorsitz turnusmäßig zustände, durch ihre Mehrheit die Tagesordnung so bestimmen könne, daß bis zur Bundestagswahl Ende des Jahres nur Sozialdemokraten als Zeugen für die „Cerberus„-Entwicklung unter der SPD/FDP -Regierungsverantwortung zwischen 1972 und 1982 auftreten.

Der zweite Grund für einen Ausschußverzicht: Mit dem Argument, daß in der Affäre Machenschaften des Bundesnachrichtendienstes bzw. einzelner BND-Mitarbeiter eine wesentliche Rolle spielen, werde die Ausschußmehrheit aus CDU/CSU und FDP darauf drängen, die Behandlung der brisanten Aspekte in die geheim tagende Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) zu verlagern.

Bei den Grünen wird der SPD-Hinweis auf das nahe Ende der Legislaturperiode als „taktisches Manöver“ kritisiert. Je eher der Ausschuß eingesetzt werde, desto größer sei die Chance, auch Verantwortliche der jetzigen Regierung als Zeugen vernehmen zu können.

Die Gefahr einer Verschiebung der Untersuchung in die Parlamentarische Kontrollkommission sehen die Grünen ähnlich wie die Sozialdemokraten. Doch gerade deswegen wollen sie bei ihrem Antrag auf einen Untersuchungsausschuß bleiben. Denn es böte sich die Möglichkeit, an einem konkreten Beispiel deutlich zu machen, daß die von den drei Altparteien gemeinsam beschlossene Ausgrenzung der Grünen aus der PKK undemokratisch und grundgesetzwidrig sei.

Inhaltlich zielt der Antrag der Grünen auf einen Punkt, der bei den bisherigen Diskussionen um die „Cerberus„-Affäre noch kaum eine Rolle gespielt hat. Die Grünen wollen wissen, ob das im Zuge der Beschaffungsmaßnahmen für den Tornado -Sender angewandte Deckwort-Verfahren nur eine Ausnahme war oder auch bei der Entwicklung, Finanzierung oder Beschaffung anderer Rüstungsgüter zum Zuge kam. Durch dieses Verfahren wurde sichergestellt, daß in die Beschaffung des Senders und ihre näheren Umstände nur ein sehr kleiner Kreis von Personen in der Hardthöhe und beim BND eingeweiht war.

Auf diese Weise wurde auch jahrelang vermieden, daß die Verteidigungsexperten des Parlamentes die volle Wahrheit erfuhren. Ein evidenter Widerspruch in den Erklärungen der Beteiligten ist nach wie vor ungeklärt. Die Hardthöhe behauptet, die Verteidigungsobleute der Bundestagsfraktionen am 13. Dezember 1989 umfassend über das Cerberus-Projekt informiert zu haben. Zumindest Erwin Horn (SPD) und Alfred Mechtersheimer (Grüne) bestreiten dies.

azu

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