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Die Bonner Ministerien zieht es nach Berlin

■ Das „Innerdeutsche Ministerium“ ist schon seit 1949 da, jetzt richten Finanz- und Umweltministerium „Außenstellen“ ein / Für den Berlineinsatz werden fleißig Mitarbeiter geworben / Weitere Ministerien „prüfen“ zukünftige Berlinpräsenz

Berlin/Bonn. Ein paar Schreibtische nach Berlin stellen: damit liebäugelt für die Zeit nach dem Beitritt der DDR schon jetzt manches Bonner Ministerium. Die Errichtung von Außenstellen in Berlin ist bisher von zwei Ressorts beschlossen worden. Beim Ministerium für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit fiel die Entscheidung Ende der vergangenen Woche. Das Finanzministerium warb bereits in einem an alle Mitarbeiter verteilten Rundschreiben für seine Außenstelle, die „mit dem Vollzug der deutschen Einheit“ in Berlin eingerichtet werden soll.

Besonders für das Bonner Finanzministerium wird die Zeit nach dem am 14. Oktober erwarteten Beitritt kompliziert. Es muß in der DDR sämtliche Fakten für einen ersten gesamtdeutschen Bundeshaushalt unter Beachtung der Finanzrechnung für die neuen fünf Bundesländer zusammentragen. Da bietet sich vor Ort schon ein Büro an, aber nicht mehr, denn Regierungssitz bleibt mindestens bis zur gesamtdeutschen Wahl am 2. Dezember Bonn. Deshalb will das Finanzministerium ebenso wie die anderen Ressorts vom Beginn eines Umzugs auch nichts wissen.

„Nach dem Beitritt wird die Außenstelle zügig errichtet werden“, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums am Dienstag. Die Größe stehe noch nicht endgültig fest, aber mit rund 200 Mitarbeitern werde man wohl zu rechnen haben. Ein Teil der Beschäftigten werde sicher aus der DDR stammen. Dennoch könne auf den Einsatz von Mitarbeitern aus Bonn nicht verzichtet werden. Das Echo auf das Mitte der vergangenen Woche verteilte Rundschreiben, in dem dazu aufgefordert wurde, sich innerhalb von zehn Tagen für die neue Aufgabe zu melden, war bisher allerdings eher verhalten: „Wir hatten einen sehr ruhigen Anlauf.“

Die von Finanzminister Waigel entsandten Beamten sollen sich in der Außenstelle vor allem auch um die Liegenschaftsverwaltung, Zölle und Verbrauchssteuern kümmern. Das Familien- und Gesundheitsministerium hat solche konkreten Pläne noch nicht. Wahrscheinlich wird aber auch seine Dependance nach Angaben einer Sprecherin Überwiegend mit DDR-Mitarbeitern besetzt sein. In einigen Bonner Ministerien wird die Einrichtung von Außenstellen noch auf Herz und Nieren „geprüft“: Im Verteidigungs-, im Wirtschaftsministerium und im Postressort.

Im Umweltministerium geht man nach den Worten einer Sprecherin davon aus, daß eine Außenstelle eingerichtet wird. Probleme wie Abwasser oder Abfallbeseitigung würden bleiben. Vor Ort brauche man auch Mitarbeiter aus der DDR. Einen kompletten Umzug seiner Behörde vom Rhein an die Spree vor dem Beitritt der DDR - darüber kursierten bereits Gerüchte im Umweltministerium - hat Hausherr Klaus Töpfer inzwischen zurückgewiesen.

Ein Ministerium ist bereits seit 1949 mit einer großen Abteilung in Berlin vertreten: Das Innerdeutsche Ministerium verfügt seit seinem Bestehen über die Abteilung III „Deutschlandpolitische Aufgaben in Berlin“ mit rund 100 Mitarbeitern im Berliner Bundeshaus. Ausgerechnet bei diesem Ministerium ist im Zuge der deutschen Vereinigung die Frage des Fortbestehens aufgeworfen worden.

Klemens Kindermann/dpa

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