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Konsumwelle führt zu Sofaplage in Köpenick

■ Auf den Köpenicker Straßen türmt sich der Sperrmüll / Im Bezirk spricht man von „dramatischer“ Situation

Köpenick. Eine Sofaplage sucht zur Zeit Teile des Stadtbezirks Köpenick heim. Die Situation sei „dramatisch“, bestätigte gestern Joachim Hermstein vom Köpenicker Umweltamt. Egal ob Couch, Kühlschrank oder Fernseher, die Bürger stellten ihren Sperrmüll einfach auf die Straße. Auch auf Plätzen, in Höfen und sogar an Seen und im Wald stapelten sich die ausrangierten Stücke. Einige Bürger stellen überdies auch ihre abgewrackten Autos an den Straßenrand. Der Stadtbezirk, der eine private Firma mit dem Abräumen beauftragt hat, komme nicht mehr hinterher, klagte der Bezirksmitarbeiter. Beim Umweltamt seien deshalb schon „sehr viele Eingaben“ von verärgerten Köpenicker Bürgern eingegangen.

Hintergrund ist die Konsumwelle unter den DDR-Bürgern nach der Währungsunion. Die Bürger schmücken ihr Heim mit neuen Möbeln, die alten wandern auf die Straße. Zwar stehen bis heute an vielen Ecken Sperrmüllcontainer der Stadtwirtschaft, aber - so Hermsteins Klage - „die Leute sind zu faul, 100 Meter weit zu laufen“. In der Odernheimer Straße im Ortsteil Müggelheim war es allerdings gerade ein Container, der für Unmut unter den Anwohnern sorgte. Auch Betriebe und Autos mit Westberliner Kennzeichen seien dort vorgefahren, berichtet Hermstein. Der überfüllte Behälter sei schließlich so von Sperrmüll umlagert gewesen, daß die Stadtreinigung ihn zunächst nicht habe „wegziehen und leeren“ können. Erst ein herbeigerufener Kran brachte Abhilfe. Der Container wurde auf Wunsch der Anwohner ganz entfernt.

Das „Müll„-Problem könnte sich in Zukunft noch verschärfen. Die Stadtreinigung will die Sperrmüllcontainer nämlich generell abschaffen und das Westberliner Modell einführen. Dort müssen Bürger ihren Sperrmüll selbst zur Annahmestelle bringen und auch noch dafür bezahlen - oder einige Wochen im voraus die Abfuhr bestellen. „In den Köpfen“ der Ostberliner sei die Sperrmüllabfuhr aber immer noch eine kostenlose Dienstleistung, meint Hermstein.

taz

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