: Roma dürfen nicht in DDR
■ Hunderte, meist Kinder, an CSFR-Grenze festgehalten
Prag (afp/dpa) - Hunderte von Flüchtlingen aus Rumänien, meist Roma aus Siebenbürgen und zu zwei Dritteln von ihnen Kinder, sitzen nach Berichten Prager Zeitungen vom Dienstag an der Grenze zwischen der Tschechoslowakei und der DDR fest, nachdem Ost-Berlin am Freitag die Einreisebestimmungen für RumänInnen verschärft hat. Ohne die förmliche Einladung einer deutschen Institution oder Familie und genügend D-Mark für einen Aufenthalt in Berlin lasse die DDR-Grenzpolizei niemanden mehr ins Land, hieß es. Polizei zwinge die RumänInnen, in dem nordböhmischen Bahnhof Decin aus den Zügen zu steigen.
Die DDR-Behörden haben den Berichten zufolge außerdem fast fünfhundert Roma in die CSFR zurückgeschickt, die vor Inkrafttreten der neuen Regelungen oder illegal in die DDR gekommen waren. Als diese merkten, was mit ihnen geschah, zogen sie noch auf DDR-Territorium die Notbremse des Zuges. Rund hundert der Roma seien in die Wälder entlang der Bahnstrecke geflüchtet.
Der Exodus der Rumänen in Richtung Deutschland hat nach dem Sturz Ceausescus im Dezember begonnen und in den vergangenen Wochen stark zugenommen. In den ersten fünf Monaten dieses Jahres waren vor allem kleinere Gruppen gekommen. In den vergangenen Tagen kamen jedoch über tausend Menschen am Grenzübergang Decin-Bad Schandau an. Sie begründen ihre Ausreise damit, daß sich die Lebensbedingungen in Rumänien verschlechert hätten und es keine politische Demokratisierung gebe. Nach Angaben tschechoslowakischer Ärzte sind die Flüchtlinge in sehr schlechter gesundheitlicher Verfassung. Einige Kinder seien mit dem Aids-Virus infiziert. Da sie über keinerlei Mittel verfügten, hungerten die Leute. Die in Decin lebenden Roma boten den Flüchtlingen in Zusammenarbeit mit einem katholischen Priester Tee und Brot an. Am Dienstag sollte am Stadtrand von Decin ein Zeltlager für die Flüchtlinge errichtet werden, während das tschechoslowakische Außenministerium versuchte, mit den DDR-Behörden und der rumänischen Botschaft in Prag eine Lösung zu finden.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen