Jacobo Arenas ist tot: Herbst eines kolumbianischen Guerilleros

■ Nach fast dreißig Jahren Kampf starb der Chefideologe der kommunistischen Guerillabewegung FARC eines natürlichen Todes

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Aus Bogota Ciro Krauthausen

Auf ihn war Verlaß. Im seinem fast dreißig Jahre lang währenden Guerillakampf war er stets mit dunklen Sonnenbrillen, Schnauzbart und Mütze zur Stelle, wenn es darum ging, die Position der dienstältesten lateinamerikanischen Guerillabewegung, der kommunistischen FARC, klarzustellen.

Die „Chuchos“, die Alten, nannten die Guerilleros den 73jährigen Arenas und seinen ewigen Kompagnon, Erfahrung im revolutionären Alltag konnte Jacobo Arenas in Hülle und Fülle vorweisen. Ende der vierziger Jahre mischte er bereits bei einem Aufstand der Gewerkschaftsbewegung in der Erdölstadt Barrancabermeja mit. Später dann, Anfang der sechziger Jahre, wurde er von den KP-Führern beauftragt, sich eines Überbleibsels des Bürgerkriegs zwischen der liberalen und der konservativen Partei anzunehmen: der im Gebiet Marquetalia herumziehenden bewaffneten Bauern unter der Leitung von „Tirofijo“, dem „sitzenden Schuß“ Manuel Marulanda.

Jacobo Arenas hätte seinen Auftrag nicht gewissenhafter ausführen können. Seine ideologischen Fingerzeige schufen zusammen mit dem militärischen Geschick Manuel Marulandas die mit über fünftausend KämpferInnen größte Guerillabewegung Kolumbiens. Anfang der achtziger Jahre, als unter Präsident Belisario Betancur eine demokratische Öffnung in Aussicht stand, hoffte der älter werdende Arenas noch einmal, wenn nicht Präsident der Republik, so doch zumindest ein respektierter Politiker zu werden. Die Mitglieder der von der FARC in die legale Politik entsandten Partei, der Union Patriotica, wurden jedoch systematisch massakriert.

Selber nicht mehr an soziale Reformen und ein Friedensabkommen glaubend, sprach Arenas bis zu seinem Tod trotzdem regelmäßig über das „rote Telefon“ mit dem Präsidentenpalais in der Hauptstadt Bogota. Die Geschichte aber, die er doch selber darstellte, hatte ihn überholt. Dem Zusammenbruch des Sozialismus im Ostblock traute er nicht über den Weg. Zuletzt vertrieb er sich die Zeit damit, über den Verräter Gorbatschow zu mosern.

Hundert Jahre Einsamkeit, den Roman von Gabriel Garcia Marquez, dürfte Jacobo Arenas mehrmals gelesen haben. Und in ihm die Geschichte des Oberst Aureliano Buendia, der 32 Aufstände in Gang brachte, keinen gewann und doch am Ende seiner Tage auf die Idee kam, es noch einmal zu versuchen. Gleich Aureliano Buendia starb Jacobo Arenas eines natürlichen Todes; wie am Dienstag in Bogota bekannt wurde, ereilte ihn am vergangenen Freitag im Hauptquartier seiner Truppen ein Herzinfarkt.