: Neue Verfassung für Groß-Berlin
■ In beiden Teilen der Stadt wird die Verfassung für das vereinte Berlin vorbereitet. Das Westberliner Abgeordnetenhaus beriet den Entwurf gestern in 1. Lesung, die Ostberliner Stadtverordnetenversammlung wird sich nächste Woche mit dem Thema beschäftigen.
KORDULA DOERFLER
GESAMT-BERLIN
Mit der Vereinigung der beiden Hälften Berlins im Dezember soll bei der konstituierenden Sitzung des künftigen Gesamtberliner Parlaments auch eine Verfassung für Groß -Berlin in Kraft gesetzt werden - so wünschen es zumindest die Westberliner CDU und SPD. Zum ersten Mal seit 1948 wird dann, vermutlich kurz vor Weihnachten, ein Gesamtberliner Abgeordnetenhaus tagen und eine Gesamtberliner Verfassung verabschieden. Sie wird auf der Verfassung von Berlin aus dem Jahre 1948 beruhen, die damals in der letzten gemeinsamen Sitzung der Stadtverordnetenversammlung verabschiedet wurde. Mit der Teilung der Stadt konnte diese stark überarbeitet 1950 nur für den Westteil in Kraft gesetzt werden. In Ost-Berlin war das Stadtparlament jahrzehntelang nur ein Nebenschauplatz. Erst am 11. Juli dieses Jahres verabschiedete die neue Stadtverordnetenversammlung eine Übergangsverfassung für den Ostteil, die auch auf der alten Verfassung beruht, in einigen Punkten aber viel weiter geht.
In den letzten Wochen wurden zwischen den Einheitsausschüssen aus beiden Teilen der Stadt die Änderungen für die neue alte Verfassung vorbereitet. Wegen der Kürze der Zeit beschränkte sich die Debatte auf nur wenige Punkte, jedoch soll die Verfassung vom Gesamtberliner Parlament noch einmal überprüft werden. Gestern befaßte sich das Westberliner Abgeordnetenhaus in erster Lesung mit den Änderungen, die zweite Lesung soll am 30. August stattfinden.
Auf Westberliner Seite wurden die Änderungen hauptsächlich von den JuristInnen der Fraktionen vorbereitet. Federführend sind Renate Künast (AL), Klaus Finkelnburg (CDU) und Erhart Körting (SPD) - wegen der Anfangsbuchstaben der drei Experten wird der Entwurf auch FKK-Papier genannt. In der neuen Verfassung sind drei Veränderungen der Staatszielbestimmungen geplant: Neu aufgenommen werden sollen Umweltschutz, Datenschutz und die ausdrückliche Erwähnung der Opposition als Bestandteil der parlamentarischen Demokratie (s. Doku.). Über diesen Grundkonsens hinaus gibt es jedoch auch strittige Auffassungen zwischen den Parteien (s.u.). Im Vorfeld der gestrigen Sitzung einigten sich die Fraktionen von SPD, AL und CDU auf eine weitere Verfassungsänderung, die am Vortag noch umstritten war: Einmalig sollen zu den nächsten Wahlen Listenverbindungen zugelassen werden.
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