: Bau, Baustelle, Performance
■ „Einschnitte - Skulpturen“ von Anne Baisch im Gerhard-Marcks-Haus / Alu mit Musik
Atemstillstand. Konzentration. SPANNUNG.
Hier passiert was!
Power, Pathos & Performance par excellence: Anne Baisch stellt aus. „Einschnitte - Skulpturen“ auf der Gerhard -Marcks-Baustelle. Auf einer ordinären Baustelle, die eine Hanseatin zu ihrem Garten Eden der Postmoderne umfunktioniert hat.
Wie man das macht?
Man sei erst einmal frau; frau heiße Anne Baisch. Die Künstlerin des Jahrgangs '42 absolviert 1968 ein Bildhauerstudium an der Karlsruher Akademie der Künste und lernt 1984 das Material Aluminium kennen und schätzen.
Aluminium - die Bezeichnung des Leichtmetalls nimmt plötzlich einen leidenschaftlichen Klang an. Ausschlaggebend für dieses ominöse Phänomen war die Soundperformance zur Ausstellungseröffnung.
Performance - das kann Getue heißen (und ist es meistens auch).
Performance läßt sich aber ebenso mit Leistung übersetzen. Besonders dann, wenn zwei virtuose junge Musiker ins Rampenlicht treten, als da wären Willy hierhin bitte das
Kunstwerk, das aussiehtr
wie ein Plattfisch
„Keimling“, aluphon
Daum, „Musikingenieur, akrobatischer Klangstürzer (ohne Netz)“ und Ulrik Spies, der „Faust-Musiker“ mit Stuttgarter
Stipendiat. Die beiden sind die genialen Erfinder des „Aluphons“: Weitab entfernt von den Abfallprodukten moderner Raumklangtechnik entlocken sie Anne Baisch
Anne Baischs hyperdimensionalen Aluskulpturen hörbare Schwingungen und öffnen erregten Ohren sphärische Türen.
Hier gibt es keinen synthesizergesteuerten Perfektionismus, hier dominiert die improvisierende Individualität der Klangwelt. Freiwillig begibt man sich in ein Kidnapping der Töne: Die Harmonie vibrierender Klänge dirigiert das Geschehen und die gerade noch so silbrig-kalt schimmernden Skulpturen füllen sich mit Leben.
Seit fünf Jahren arbeitet Anne Baisch mit A-lu-mi-ni-um (klingt das nicht einfach SCHÖN?). Sie weiß, warum: Es sind nicht nur die geringen Kosten ihres „Arbeitsmaterials“, die sie dazu bewogen haben. Es sind auch nicht unbedingt jene spezifischen Eigenschaften, die den Umgang mit dem Metall erleichtern (die Künstlerin arbeitet mit Laub- und Stichsäge; ein Schweißgerät braucht sie nicht). Es ist wohl al
lein die Kunst für sich: Das Publikum wird mit einbezogen es sieht, es hört und es erlebt. Genialster Simplizismus, das Ganze. Und - wann besitzt Lebloses soviel Lebenskraft?
„Einschnitte“ - das sind Einschnitte ins (Alu-)Material, in Zeit, in Raum, Einschnitte ins Bremer Kunstleben.
Marcus Völke
Die Skulpturen sind bis zum 16.09. im Gerhard-Marcks-Haus zu besichtigen. Am 12. September um 19 Uhr wird die Performance wiederholt - nicht verpassen!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen