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Streit zum Auftakt der NPT-Konferenz

■ Vertretung Kuwaits bei der 4. Überprüfungskonferenz für den Atomwaffensperrvertrag umstritten / Friedensgruppen demonstrieren für totales Testverbot / Moskau erklärt sich zu Moratorium bereit

Aus Genf Andreas Zumach

Nach der bislang von keinem Staat anerkannten Einverleibung Kuwaits durch den Irak dürfte es zu Beginn der vierten Konferenz zur Überprüfung des „Vertrages über die Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen“ (Nonproliferation Treaty, NPT) heute nachmittag in Genf zu einer heftigen Auseinandersetzung um die Frage kommen, wer das arabische Ölscheichtum nun vertritt. Vor dem Genfer UNO-Gebäude, Tagungsort der dreiwöchigen Konferenz, demonstrierten bereits am Sonntag internationale Friedensorganisationen für einen sofortigen Stopp aller Atomtests. Das sei das „wirksamste Instrument“ gegen die atomare Proliferation.

Irak und Kuwait gehören zu den rund 100 der 141 Signaturstaaten des NPT-Abkommens, die ihre Teilnahme an der Genfer Konferenz angekündigt haben. Bis zum Wochenende hatte sich beim Konferenzsekretariat noch keine Delegation aus einem der beiden Länder akkreditieren lassen. Es wird jedoch fest damit gerechnet, daß der Irak heute entweder mit dem Anspruch auftritt, das von ihm nach der Invasion auch als „Südirak“ bezeichnete Kuwait mitzuvertreten, oder aber Gesandte der von Bagdad eingesetzten „kuwaitischen Regierung“ präsentieren wird. Der kuwaitische Botschafter bei der UNO in Genf - ein Sohn des seit der irakischen Besetzung im Exil lebenden Emirs - erklärte auf Anfrage, daß er sein Land bei der Konferenz vertreten werde.

NPT-Experten und diplomatische Beobachter schließen nicht aus, daß der Irak die Ablehnung seines Ansinnens durch die anderen Konferenzteilnehmer - die mit Sicherheit und nahezu einstimmig zu erwarten ist - zum Vorwand für einen Rücktritt vom NPT-Abkommen nehmen könnte. Ein solcher Schritt würde die vor allem in Israel herrschende, aber auch von den USA geteilte Sorge über eine irakische Atombombenentwicklung noch verstärken und eine einvernehmliche Schlußerklärung der Konferenz zusätzlich erschweren. Ein Konsens ist ohnehin fraglich: Vor allem neutrale und nicht-paktgebundene NPT -Staaten üben verstärkt Kritik an der „mangelnden Bereitschaft“ der drei Atommächte USA, Sowjetunion und Großbritannien, ihrer Verpflichtung „baldiger“ atomarer Abrüstung nachzukommen, die in Artikel 6 des 1970 in Kraft getretenen Abkommens festgelegt ist.

In Unterstützung dieser Kritik demonstrierten am Sonntag Greenpeace, die Internationalen Ärzte für die Verhütung eines Atomkrieges (IPPNW) und andere internationale Friedensorganisationen vor dem UNO-Gebäude für einen „sofortigen umfassenden atomaren Teststopp“. Sie forderten die Unterzeichnerstaaten des Teststoppabkommens von 1963 (NTB) auf, diesen Vertrag auf einer Sonderkonferenz durch einen Zusatz auf unterirdische Versuche auszudehnen. Bisher verbietet das Abkommen lediglich oberirdische Atomwaffenversuche.

Am Freitag hatte die bundesdeutsche „Aktion Atomtest-Stopp“ zusammen mit Greenpeace und IPPNW in Bonn einen entsprechenden Forderungskatalog mit 382.408 Unterschriften von BürgerInnen der Bundesrepublik an die Bundesregierung und die Botschaften aller Staaten, die an der Genfer NPT -Überprüfungskonferenz teilnehmen, übergeben. Während Moskau Unterstüzung signalisiert und sich zu einem Testmoratorium bereiterklärt hat, werden die Forderungen von den Regierungen in Washington und Bonn abgelehnt.

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