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Ausländer als Faustpfand

■ Iraks Präsident will Ausländer als „menschliche Sandsäcke“ ('Golf Daily News‘) auf industrielle und militärische Zentren des Landes verteilen, um die USA von einem Angriff abzuhalten. Noch dürfen sich im Irak die meisten Ausländer offenbar frei bewegen. Doch aus Kuwait sollen bereits Dutzende verschleppt worden sein.

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Ungeachtet der scharfen Proteste aus dem Ausland und von seiten der Vereinten Nationen haben gestern die irakischen Behörden die in Kuwait Ausländer aus westlichen Staaten aufgefordert, sich in drei Hotels in Kuwait-Stadt einzufinden. In einer von „Radio Bagdad“ ausgestrahlten Erklärung hieß es, wer die Anordnung nicht befolge, müsse mit „unangenehmen Konsequenzen“ rechnen. Offenbar ist schon mit der Verteilung von Ausländern, die sich in den Hotels einfanden, auf militärisch strategisch wichtige Punkte im Lande begonnen worden. Es handelt sich dabei um etwa 40 Briten, vier US-Bürger, drei Bundesdeutsche und einen Franzosen. Das US-Außenministerium warnte die Ausländer inzwischen davor, der Aufforderung der irakischen Behörden Folge zu leisten. Angesichts dieser Zuspitzung hatte schon in der Nacht zum Sonntag der UN-Sicherheitsrat in einer harschen Erklärung die Befürchtung geäußert, die Ausländer, vor allem der westlichen Staaten, würden de facto als ein militärisches Schutzschild mißbraucht.

Die Reaktion des Sicherheitsrates war durch Erklärungen der irakischen Seite ausgelöst worden, nach denen alle Staatsbürger aus Ländern, die in der Golfregion ihre Streitkräfte stationieren, vor allem in Ölraffinerien und auf Militärbasen zusammengezogen werden sollen. Der Präsident des irakischen Nationalrates, Saadi Mahdi Saleh, begründete in der Nacht zum Sonntag die Maßnahmen mit den Worten: „Die ganze Welt weiß, daß die Regierungen, die in der Region Flotten, Flugzeuge und Truppen in nie geahntem Ausmaß zusammengezogen haben, einen Angriff auf das irakische Volk planen.“ Angesichts der Seeblockade durch die feindlichen Mächte müßten auch die Ausländer mit einer Verknappung der Lebensmittel rechnen. Sollte eine Verknappung der Babynahrung eintreten, würden die Kinder von Ausländern genauso darunter zu leiden haben wie die Kinder von Irakern, hieß es in einer von der Nachrichtenagentur 'ina‘ verbreiteten Erklärung. Bevorzugt mit Lebensmitteln versorgt würde allein das Militär, weil es „das Schild der Nation sei“.

Im Irak und in Kuwait befinden sich fast zwei Millionen Ausländer. Mit etwa 1,6 Millionen stellen die Bürger arabischer Staaten, vor allem Ägypter, das größte Kontingent; hinzu kommen über 300.000 Asiaten, unter ihnen bildet die Pakistani die größte Gruppe. Tausende kommen aus den ehemaligen Ostblockländern, über 8.000 allein aus der Sowjetunion. Betroffen von den Maßnahmen der irakischen Regierung sind aber allem Anschein nach vor allem die 12.000 Staatsbürger westlicher Länder, unter ihnen 4.700 Briten, 2.500 US-Amerikaner, etwa 740 Deutsche (450 im Irak, 290 in Kuwait), 530 Franzosen und über 300 Italiener. Schon der Parlamentspräsident Saadi Mahdi Saleh hatte in seiner Rede die ägyptischen Arbeitskräfte ausdrücklich von den Maßnahmen ausgenommen. Dennoch machen sich jetzt viele Ägypter auf den Weg nach Hause. Präsident Mubarak verfügte, Transportflugzeuge der Armee im Rahmen der Evakuierungsmaßnahmen einzusetzen.

Auch die Staatsbürger der ehemaligen Ostblockländer scheinen trotz der politischen Haltung ihrer Regierungen, die das Vorgehen des Irak in Kuwait verurteilt haben, nicht betroffen: für Russen und Polen hat die Ausreise aus dem Land schon begonnen (siehe Artikel unten). Frankreich, Großbritannien, Spanien und die Beneluxstaaten reagierten mit scharfen diplomatischen Protesten gegen die Behandlung ihrer Bürger und warnten die irakische Regierung vor den Folgen dieser Handlung.

Der Sicherheitsrat forderte von der irakischen Regierung, die im Irak und Kuwait festgehaltenen Ausländer sofort ausreisen zu lassen. Der Irak soll außerdem die Schließung ausländischer Botschaften und Konsulate in Kuwait und den Entzug der diplomatischen Immunität des dort arbeitenden Personals rückgängig machen. Auch die Bundesregierung forderte die sofortige Freilassung der festgehaltenen Deutschen. Nach Informationen des Pressesprechers des Auswärtigen Amtes in Bonn, Lampe, halten sich im Irak 800 bis 950 deutsche Staatsbürger auf, etwa die Hälfte von ihnen befanden sich allerdings während der Ereignisse im Urlaub. Hinzu kommen aber 290 Westdeutsche in Kuwait. Unter ihnen stellten Techniker und Ingenieure und ihre Familienangehörigen das größte Kontingent, hinzu kämen einige Geschäftsleute. 17 Deutschen gelang letzte Woche die illegale Ausreise aus dem Irak; die im Lande Gebliebenen können sich, so das Auswärtige Amt, im ganzen Land frei bewegen. Vor allem in Kuwait war bis zur jüngsten Verschärfung der Situation das Leben der westlichen Ausländer erträglich. Auch in Bagdad ist von Übergriffen gegen Ausländer nichts bekannt geworden. Pikant ist allerdings die Lage derer, die im Auftrag ihrer Firmen mittelbar und unmittelbar an irakischen Rüstungsprojekten beteiligt waren. Die im Lande tätigen Bürger der DDR durften ausreisen. In Kuwait hält sich nur noch der Botschafter der DDR auf.

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