: Kein Rechtsanspruch auf Gesamtschulplatz
■ Verwaltungsgericht bestätigt das Losverfahren
Das Verwaltungsgericht Bremen hat entschieden, daß SchülerInnen keinen Rechtsanspruch auf einen Gesamtschulplatz haben. Wenn sich mehr SchülerInnen bewerben, als Schulplätze vorhanden sind, kann die Behörde ihre Kontingente per Losverfahren vergeben. Private Lebensverhältnisse können dabei nicht als Härtefälle geltend gemacht werden.
Die Eltern eines Bremer Mädchens hatten versucht, nach einer Niete im Losverfahren für ihre Tochter per einstweiliger Anordnung einen Platz an der Gesamtschule West loszueisen. Begründung der Eltern: Das Losverfahren, das ihrer Tochter zum Verhängnis wurde, sei bereits am 19.6.1990 durchgeführt worden, während die entsprechenden Rechtsgrundlagen erst am 10. Juli in Kraft getreten seien. Das Gericht folgte dieser Ansicht nicht: Der Umstand, das die schulrechtlichen Bestimmungen und die Aufnahmeverordnung erst „nach dem 19. Juni 1990 beschlossen und verkündet wurden und das Inkrafttreten zum 15.6.1990 rückwirkend angeordnet wurde, steht ihrer Geltung für das hier angegriffene Auswahlverfahren nicht entgegen“.
Das Gericht begründete seine Rechtsauffassung damit, daß durch die nachträglich erlassenen Anordnungen keine neue Rechtspraxis geschaffen, sondern nur die bestehende im Nachhinein legitimiert worden sei, mit der zudem „der Zugang für das erst bevorstehende Schuljahr 1990/91 geregelt“ werde. Die Richter verwiesen auf einen Bescheid des Bildungssenators vom März die
sen Jahres, in dem die Eltern auf eine bevorstehende Gesetzesänderung hingewiesen wurde.
Das Gericht verweigerte im gleichen Beschluß das „uneingeschränkte Recht auf den Besuch einer Schule einer bestimmten Schulgattung“. Die Richter standen dem Mädchen lediglich den „bildungsrechtlichen Anspruch auf Schulbesuch einer der Schulgattungen ...(zu), die den vom Schüler gewünschten weiteren Bildungsweg eröffnet“.
Die Eltern des Mädchens hatten in ihrer Klage auch Härtefallgründe angemeldet. Ihr Kind sei auf eine möglichst ganztägige Versorgung in der Schule angewiesen, weil die getrennt lebenden Eltern beide arbeiteten und das Kind keinen Hortplatz bekommen habe. Der Unterricht in der alternativen Schule laufe nur bis mittags, so daß die Versorgung des Kindes nicht gewährleistet sei.
Auch auf diese Argumente ließ sich das Gericht nicht ein. „Als Härtefall im Sinne der Aufnahmeverordnung für Gesamtschulen können ... nur atypische Sachverhalte angesehen werden, aber nicht solche privaten Lebensumstände, die weit verbreitet sind.“ Die Richter weiter: „Würde eine solche familiäre Situation als Härtefall anzusehen sein, ließe sich die Belegung der Gesamtschule möglicherweise ausschließlich mit Kindern herstellen, die zwei berufstätige Elternteile haben.“ ma
Zu einem gleichen Beschluß kam das Verwaltungsgericht bei einer Klage über die Aufnahme an die Gesamtschule-Ost. Die Aktenzeichen: Az.:3 V 274/90 und 3 V 278/90
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