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taz auf Raum-Patrouille

■ Leerstehende und verfallene Häuser, taz-serienmäßig besucht / Teil acht

Dem Betrachter, der zu lang verweilt, wird kurzerhand ans Bein gepinkelt, denn die Regenrohre von Nummer 26 sind verbeult und löchrig. Das Haus An der Weide, gegenüber der Hauptpost, hat sicher schon bessere Zeiten erlebt - ein gemaltes Schild „Feinkost Wilhelm Röpke“ ist Zeuge von verblichenem Glanz.

Doch seit einem Jahr etwa steht es nun leer, und die Fenster des veranda-artigen Vorbaus mit der Stuckfassade sind mit alten Wolldecken verhängt. „Ob der Bau abgerissen wird oder bloß verkauft“, das weiß der verregnete Passant in Dunkelbraun auch nicht zu sagen, „aber ich bin pessimistisch“.

Früher einmal ist ein Delikatessengeschäft in den unteren Räumen des Hauses gewesen, und in dem zerbomt- und wieder

halb hochgezogenen Obergeschoß war eine Wohnung. „Der alte Herr Röpke hat da noch selbst hinterm Tresen gestanden, Kolonialwaren und so hat er verkauft“, weiß eine benachbarte Kneipenwirtin zu berichten. „Als Röpke klapprig wurde hat er erst verpachtet, dann hing für einige Zeit ein Schild mit 'Zum Verkauf‘ im Fenster, aber jetzt...“, - hilfloses Achselzucken.

Die Wirtin aus dem „Felsenkeller“ jedenfalls findet den Zustand „katastrophal“. Selber seit zwei Jahren „mehr oder weniger obdachlos“ wohnt sie nun „immer Reih‘ um bei Freunden“ und wäre heilfroh, in dem schmucken Eckhaus eine Wohnung zu bekommen. „Aber“, wettert sie, „es schert sich ja keiner um Wohnungsnot und leere Häuser. Wenn die Stadt sich kümmern würde, da

wäre schon Wohnraum zu schaffen“.

Abriß in der Löningstraße

Das Schicksal des Hauses in der Löningstraße 32 ist besiegelt - es geht zu Ende. Groß, grau und hanseatisch prangt es an der Ecke zur Emil-Waldmannstraße. Daß es leer steht, merkt man erst auf den zweiten Blick. Zwar bröckelt es um das Küchenfenster im ersten Stock herum etwas schwärzlich, aber ansonsten ist Nummer 26 noch gut in Schuß

-trotzdem soll das Haus jetzt abgerissen werden.

Das Haus gehört, ebenso wie sein schmucklos-scheußlicher Nachbar-Neubau, der „Lebenshilfe für geistig Behinderte Bremen e.V.“. Die „Lebenshilfe“ will Wohnraum für geistig Behinderte schaffen, aber dies gehe in dem schönen Altbau nur schlecht, behauptet Gerhardt Igelhort, Geschäftsführer der „Lebenshilfe“. Deshalb soll nicht renoviert sondern abgerissen und neu gebaut werden, ein Zwillingshaus zur Nummer 31, in der es schon entsprechende Wohnungen gibt.

Eine Sanierung sei nämlich fast so teuer wie ein Neubau, und außerdem sei das alte Haus für ihre Zwecke nicht geeignet, befindet Igelhort: „Das alte Haus hat nur zwei große Wohnungen, in denen man sechs Menschen unterbringen kann. Wir aber brauchen kleine Wohneinheiten. In einem Neubau könnten wir Wohnraum für acht Personen schaffen. Das wären dann immerhin zwei mehr als in den Altbau möglich.“

Wann mit dem Abriß begonnen wird, ist noch unklar, doch bis dahin bleibt das Haus in jedem Fall unbewohnt. Die letzten Mieter sind nach einem Küchenbrand bereits vor über einem halben Jahr ausgezogen. Aber daß die in Bremen wieder seit dem 19. Dezember letzten Jahres geltende „Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Mietraum“ Leerstände, die länger als drei Monate dauern, verbietet, ficht die Besitzer nicht an. Planung und Finanzierung seien eben langwierig, gibt Igelhort Auskunft, und: „Wir würden auch gerne schneller arbeiten“.

sum

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