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Talfahrt

McCASH FLOW

Leichte Stabilisierung des Dollars und der Goldpreise führten zu Wochenbeginn zu einer kurzen Erholung der Börse in Wall Street. Am Dienstag kam es jedoch zu Kurseinbrüchen und der Dow-Jones-Index verlor 52,48 Punkte, zwei Prozent seines Wertes. Sowohl in Tokio als auch in Europa setzte sich der Abwärtstrend fort. In Frankfurt fiel der DAX-Index auf neuem Jahrestiefststand. Da im Moment kaum jemand für Aktien zu erwärmen ist und die Umsätze entsprechend gering sind, sorgen schon kleine Bewegungen für gehörige Kursbewegungen: Bereits geringe Käufe treiben den Index nach oben, erste Anzeichen von größeren Verkäufen sorgen dann schon wieder für deutliche Talfahrten.

Jenseits aller internationaler Krisen läßt schon das hausgemachte Chaos niemanden, schon gar nicht große institutionelle Käufer, an Engagements in Aktien denken. Die „Ostphantasie“ deutscher Aktien ist mittlerweile nicht nur zum Stillstand gekommen, sie hat die Gegenrichtung eingeschlagen: Die DDR erweist sich nicht als Umsatzlokomotive, sondern als ökonomischer Klotz am Bein, die Blitzeinführung der D-Mark nicht als Radikalkur, sondern als Pyrrhus-Sieg. Und dies, obwohl wegen Wahlkampf permanent Schönwetter gemacht wird - was sich dann nach der Wahl im Dezember „überraschend“ an finanziellen Abgründen enthüllt, wird auf dem Börsenparkett erst recht nicht für Stimmung sorgen. Mit einer deutlichen Erholung des Patienten ist für dieses Jahr kaum noch zu rechnen.

Frankfurt (dpa) - Friedhelm Busch, Moderator der TV -Sendung Telebörse, spricht von einer „Horror-Picture-Show“. auf dem deutschen Aktienmarkt. Eine „tiefe Verzweiflung“ mache sich angesichts des stetigen Abwärtstrends breit.

Eine angebliche BBC-Meldung über einen Flugzeugabschuß am Golf sorgte ebenso für Aufregung wie der Einstieg der WestLB bei Asko anstelle der Kuwaitis. Zudem schimpfen die Börsianer über die „DDR-Muppet-Show“, deren Zirkus endlich beendet werden müßte. Aktienhändler mit Galgenhumor tauschen den alten Baisse-Witz aus: „Was ist der Unterschied zwischen der Börse und der Titanic?“ (Antwort: Auf der Titanic wurde wenigstens noch Musik gespielt).

„Kaufempfehlungen folgt derzeit ja doch keiner“, weiß man bei den Strategen einer Großbank. „Wir müssen die Nerven behalten“, beschwört der Kundenberater die aufgeregten Anleger am Telefon. „Keiner weiß wie es weitergeht“, mahnt ein anderer. „Das ist bar jeder Realität“, erklärt ein dritter seinem Kunden.

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