piwik no script img

„Ein Stück DDR für die Zukunft retten“

■ Bremer Linke Liste-PDS wird im September gegründet / Hoffen auf Wahlerfolg

Zu den gesamtdeutschen Wahlen am 2. Dezember tritt ein neues linkes Wahlbündnis an: Im September soll in Bremen die Linke Liste-PDS gegründet werden. Die wenig demokratische Vorgehensweise des InitiatorInnenkreises wurde am Donnerstag in der Villa Ichon heftig kritisiert.

In Bremen bemüht sich das Sozialistische Forum um die Gründung des Landesverbandes der

Linken Liste-PDS. Mit von der Partie sind auch die Erneuerer -Fraktion der ehemaligen DKP, Leute von der Vereinigten Sozialistischen Partei, den Demokratischen Sozialisten, dem Kommunistischen Bund (KB) und andere „fortschrittliche Kräfte“. Das Ganze vollzieht sich unter großem Zeitdruck. Wenn die Linke Liste zu den Wahlen antreten will, muß das Wahlbündnis bis

spätestens 29. Oktober beim Landeswahlleiter angemeldet sein. Ein Statut muß her, das Wahlprogramm, KandidatInnen, der Vorstand, 600 Unterschriften...

Angeschoben wurde das Projekt von der PDS und einigen handverlesenen BRD-Linken. Darunter so erlauchte Namen wie Axel Eggebrecht (Schriftsteller), Dorothee Sölle (Theologin), Heinrich Hannover (Rechtsan

walt) und Manfred Coppik (SPD-Dissident). Die Linke Liste -PDS, so Wolfgang Gehrke, ehemaliger Bezirksvorsitzender der Hamburger DKP, sei der „Versuch, eine sozialistische Alternative jenseits von Grünen und SPD ins gesamtdeutsche Parlament zu bringen und ein Stück DDR für die Zukunft zu retten“. Die Liste sei im Gegensatz zu den Grünen als „Oppositionspartei und nicht als Regierungspartei im Wartestand gedacht“. „Konstituierend“, so Gehrke, „ist die Erkenntnis, daß der reale Sozialismus scheitern mußte. Deswegen können auch wir auch mit der PDS zusammenarbeiten. Das sind keine Weiswäscher, sondern die stellen sich ihrer Verantwortung“. Abgrenzungsversuche gingen vor allem in zwei Richtungen: gegen die Grünen und gegen die Altstalinisten der DKP-Betonriege, die sich mit anderen linken Sekten an „Roten Tischen“ versammeln.

In der Villa Ichon stand für viele BesucherInnen in Frage, daß die Liste Erfolgsaussichten hat. Zwar meinte Wolfgang Gehrke, die Fünf-Prozent-Hürde sei zu schaffen. Doch einige sahen schon die selbstorganisierte Niederlage voraus, die dann eine

endgültige der BRD-Linken sei, weil das Projekt ohne ausreichende Diskussion durchgepeitscht werde.

Einigen Anwesenden ging der ungeheure Zeitdruck auf die Nerven, der durch die Initiative der Prommis entstanden ist: Lieber als bis Oktober im Hauruckverfahren formell eine Partei zu gründen, würden sie sich Zeit nehmen, zu den Wahlen nicht antreten und erstmal die eigene Vergangenheit „aufarbeiten“.

Und wo der grundsätzliche programmatische Unterschied zur SPD und den Grünen zu finden sei, war manchen auch nicht klar. Ein Unterschied liege in der kapitalismuskritischen Gesellschaftsanalyse der Linken Liste-PDS, so Harald Werner. Weitere Schlagworte waren „Internationalismus“ und „Radikale Reformalternative“. Doch ob mit diesem neuen Projekt erfolgreich Politik zu machen sei, bezweifelten einige: „Wozu die Grünen im Parlament gefährden, wenn die PDS doch sozialdemokratisch wird.“

Hannes Koch

Die Vorbereitungsgruppe zur Gründung Liste trifft sich montags um 20 Uhr im Bandoneon.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen