: „Urbane Spiele der kurzen Wege“
■ Olympiaträume von Senat und Magistrat rund um das Brandenburger Tor / 21 von 25 Disziplinen sollen dort ausgetragen werden / „Regenbogenkonzept“ des Olympiabüros: Nordbahn soll östliche Austragungsorte mit Olympiastadion verbinden
Berlin. 16 Tage lang soll das Brandenburger Tor Mittelpunkt der Welt sein. Zu den Olympischen Spielen im Jahre 2000 sollen 21 von 25 Sportarten in einem Radius von zehn Kilometern rund um das symbolträchtige Bauwerk ausgetragen werden. „Urbane Spiele der kurzen Wege“ heißt das passende Motto dazu, das Walter Momper unlängst beim Besuch des IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch für das Berliner Konzept ausgab. Im Olympiabüro am Alexanderplatz setzt man medienwirksam auf das „Innenstadtkonzept„; die einmal vorgeschlagenen „Stadtrandspiele“ auf der grünen Wiese sind inzwischen vom Tisch.
Zwei oder drei Disziplinen sollen sogar vor historischer Kulisse entschieden werden: Bogenschießen oder Dressurreiten am Reichstag, Marathonläufer und Geher könnten das Brandenburger Tor passieren. Außerdem soll die „Lebensader Spree“ als Verkehrs- und Erholungsraum wiedergewonnen werden. Dazu müßte ein Begrünen der verschandelten Ufer im Ostteil der Stadt gehören.
Zur Plazierung der Sportstätten und den Verkehrswegen hat sich das Olympiabüro auch schon etwas Neues ausgedacht, daß unter dem Titel „Regenbogenkonzept“ firmiert. Die Regenbogenförmig verlaufende Nordbahn soll dabei den westlich gelegenen Spiele-Schwerpunkt mit Olympiastadion, den zu Sportstätten umgebauten Messehallen und dem Medienzentrum am Funkturm mit den in Ost-Berlin gelegenen Sporthallen und dem „Wohndorf“ für die Olympische Familie am Ostkreuz verbinden. Austragungsorte, die nicht direkt am S -Bahn-Ring liegen, sollen mit modernen Straßenbahnen angeschlossen werden. Auch an ein Benutzen des S-Bahn -Südringes ist gedacht.
Bestehende Sportstätten - wie das Olympiastadion - sollen aus- und umgebaut werden. Großer Neubedarf besteht vor allem bei Sporthallen, deren Zahl auf rund zehn geschätzt wird. Ihr Schwerpunkt wird vor allem im Osten liegen, zum Beispiel im 52 Hektar großen Sportforum Hohenschönhausen. Eine große „Olympia-Halle“ stellt man sich am heutigen Stadion der Weltjugend vor. Insgesamt werden rund 250 Olympia-Hektar benötigt, die aber nicht alle bebaut werden sollen.
Alle Flächen seien bereits in öffentlicher Hand, versichert Olympia-Büro-Chef Jürgen Kießling. Allerdings sind schon Grundstücke miteingeplant, die die Alliierten bisher noch ordentlich militärisch nutzen, wie zum Beispiel das Übungsdorf in Ruhleben.
Das Berliner Olympia-Konzept zeichnet sich bereits in groben Zügen ab, aber Probleme gibt es natürlich nach zu Hauf. Die geschätzten Kosten, unlängst auf 3,5 bis vier Milliarden Mark beziffert, sollen zwar durch den Verkauf von TV-Rechten und mittels Sonderfinanzierungsmitteln (beispielsweise Sponsoring oder Lizenzvergaben) wenigstens zum Teil wieder eingespielt werden. Aber die Stadt wird, gerade in der Bewerbungsphase, kräftig Mittel vorschießen müssen. So muß zum Beispiel wegen der Bau-Entzerrung mit dem Errichten von zwei oder drei Sporthallen bald begonnen werden, kündigt Olympia-Büro-Chef Kießling an.
Überhaupt wird, wenn Berlin den Zuschlag bekommt, unter einem enormen Zeitdruck gebaut werden müssen, was wiederum zur Verteurung beitragen kann - Olympia wird schließlich nicht die einzige Neubauveranstaltung in Berlin im kommenden Jahrzehnt sein. Wie es mit den Altlasten auf den Olympiageländen aussieht, läßt sich auch noch nicht konkret sagen.
Wie es mit der sogenannten Nachnutzung der vielen Olympia -Objekte aussieht, wird in der zukünftigen Diskussion auch eine wichtige Rolle spielen. Momentan interessiert am Alexanderplatz aber in erster Linie das magische Datum 2000: „1999 muß alles stehen“, weiß Olympia-Planer Kießling. Für Olympia-Laien: Dann beginnt das olympische Vorprogramm.
chb
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