piwik no script img

Vage Ideen

■ Oskar Lafontaine hat das SPD-Regierungsprogramm vorgestellt

Der richtige Kandidat für die Bürger in der DDR. Er steht für „Aufschwung, Modernisierung und ökologischen Umbau“ - so preist der Vorsitzende der DDR-SPD, Wolfgang Thierse, Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine.

Das klingt nach Pfeifen im Walde. Für Aufschwung steht bei den DDR-BürgerInnen nämlich immer noch die CDU. Und: Für den ökologischen Umbau sind sie nur schwer zu begeistern.

Oskar Lafontaine gibt sich fröhlich, das gehört zum Showgeschäft. Lange hat er überlegt, ob er als Kandidat antreten soll, wissend, daß er in der DDR so gut wie unbekannt ist. Jetzt zieht er den Wahlkampf durch und gegen Asylsuchende und Aussiedler zu Felde.

Jedes Vorhaben im SPD-Regierungsprogramm sollte genau durchgerechnet sein. Das hatte Lafontaine vor einem Jahr verkündet. Wiedervereinigung und Wirtschaftsmisere in der DDR haben ihm einen Strich durch die Kalkulation gemacht. Die gemeinsam mit der DDR-SPD nachgeschobenen Sofortmaßnahmen für die „deutschen Ostländer“ bleiben häufig vage. Wie soll zum Beispiel auf die Schnelle die „ökologisch verträgliche Kohleverstromung“ funktionieren? Wann will er die lebensgefährlichen Atomkraftwerke abschalten?

Im Kapitel „Ökologischer Umbau“ drückt sich die SPD vor der Wahrheit, daß konsequenter Umweltschutz Einschränkungen für alle bedeutet. Richtige Maßnahmen wie die Erhöhung der Mineralölsteuer werden durch „Ausgleiche“ relativiert.

Auch die Ideen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bleiben in ihren Ansätzen stecken. Rechtsansprüche auf Kindergartenplätze reichen nicht aus. Solange es jedoch keine finanzierte Arbeitszeitverkürzung für Mütter und Väter und keine effektive Frauenförderung gibt, bleibt die „gerechte Verteilung von Erwerbs- und Familienarbeit“ eine Illusion.

Lafontaine behauptet, einen unterschiedlichen Politikentwurf zu dem der Konservativen vorgelegt zu haben. Die wirtschaftlichen Probleme in der DDR sind jetzt aber nur eine willkommene Ausrede dafür, daß dieser Entwurf ein halbherziger geblieben ist.

Tina Stadlmayer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen