: Der Krieg gegen die Maus
Der Kampf gegen die Maus ist so alt wie die Menschheit. Wurden die kleinen Haustiere früher auf alle möglichen Arten umgebracht, so geht man jetzt subtiler vor: Im Uralt-Krieg gegen die Nagetiere bringt der Mensch anstelle von Fallen und Gift nun hochkomplizierte Elektronik in Stellung. Erfolgreich, für den Menschen unschädlich und zugleich ökologisch, preisen Hersteller und Verkäufer derartiger High -Tech-Waffen ihre Produkte an. Der Oldenburger Kaufmann Hans -Joachim Schröder hat sich auf die Vertreibung von Ratten, Mäusen und Mardern aus Kellern, Dachböden und Lebensmittelbetrieben spezialisiert. „Elektronische Schädlingsabwehr-Technik“
(ESAT) bietet er Bauern und Bäckern an. „Sofortiges panikartiges Fluchtverhalten“ bei Mäusen und Ratten verspricht Schröder allen, die seinen „Compu Fighter CF 2000“ installieren. Wer einen polternden, kabelnagenden Steinmarder auf dem Dachboden hat, kann sich sein „Marder -Abwehr-System“ bestellen.
Das Prinzip der neuen Waffen ist der biologischen Forschung abgeschaut. Ratten, erklärt der Elektronik-Kammerjäger, besetzen Reviere jeweils mit einer ganzen Sippe. Wohnungssuchenden Angehörigen ihrer Art machen sie mit Schreien klar, daß alle Plätze vergeben sind. Wer nicht freiwillig abzieht, muß mit Kampf bis aufs Blut rechnen. Die Intelligenz der Ratten sorgt aber in der Regel für kampflosen Abzug. Die Elektroniker lassen deshalb eine Phantomsippe einziehen. Kleinsender strahlen „Be
setzt„-Schreie aus, die für das menschliche Ohr nicht wahrnehmbar sind. Einzugswillige Ratten hören und verstehen die Botschaft jedoch und ziehen weiter. Damit sich die betroffenen Nager nicht an das ständige Hau-ab-Geschrei wie an Hausmusik
gewöhnen, ist eine Pausenschaltung eingebaut. Bei Mäusen ist die Sache schon schwieriger, da müßten Töne eingesetzt werden, die auch Menschen nerven, meint der Experte.
Den Einwand, die nichttötende Elektronik halse die hunrigen Nager nur dem Nachbar auf, ist für Schröder kein ernstzunehmender Einwand. Mit Gift und Fallen sei es dem Menschen schließlich in Jahrtausenden nicht gelungen, die ungeliebten Hausfreunde auszurotten. Ihre Lern- und Vermehrungsfähigkeit habe bisher jede Bekämpfungsmethode überwunden. Das ist natürlich eine ungeheure Beleidigung für alle Katzen. Denn wo heute mehrere tausend Mark teuere Schall-Waffen ein Haus zur Nager-freien Zone machen sollen, schaffte das früher der Stubentiger, ebenfalls ökologisch, aber endgültiger.
Karl Wegmann
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