: Tiefes Dunkel um Hemelinger Tunnel
■ Hemelingen: Innensenator relativiert Pläne seines Verkehrsplaners
Was haben die Bremer Verkehrsplanungspolitik und der Karneval gemeinsam? Zum Beispiel einen Slogan: Gemäß dem Motto „Einer geht noch einer geht noch 'rein“ treiben derzeit Bau- und Innensenator kräftig unterstützt von den verschiedensten Parteigliederungen der SPD ein Verwirrspiel mit immer noch einer Idee, wie dem Verkehrschaos in Hemelingen beizukommen ist.
Unstrittig ist dabei eins: So wie es derzeit in Hemelingen ist, kann es nicht bleiben. Insbesondere die Anwohner im Brüggeweg fühlen sich wie Anwohner einer Autobahn. LKW um LKW rollt durch die schmale Straße. Wenn bei Daimler Benz die Schicht wechselt geht hier nichts mehr. Anwohnerin Anita von Alven, seit Jahren im Kampf für ihre Ruhe- und Schlafbedürfnisse: „Wir
wollen hier weg, und zwar lieber heute als morgen. Wir klagen seit zehn Jahren. Jetzt noch mal zehn Jahre auf einen Tunnel warten, das halten wir nicht aus.“
Der Innensentor
Auf zunehmendes Verständnis mit ihren Nöten stießen die AnwohnerInnen im Laufe dieses Jahres beim Innensenator. Dessen oberster Verkehrsplaner, Klaus Hinte, machte auf Anregung der AnwohnerInnen aus dem Verständnis eine Idee. Statt eines Tunnels - Bauzeit mindestens zehn Jahre, Kosten mindestens 268 Millionen Mark - solle der Senat die Häuser aufkaufen. Gesamtentschädigungssumme, die er mit den AnwohnerInnen auch schon einmal durchrechnete: Rund 50 Millionen Mark. Scheinbarer Nachteil des Hinte
Vorstosses: Er steht gegen die verkündeten und zur Senatsvorlage erhobenen Vorschläge von Bausenator Konrad Kunick. Dessen Tunnel-Pläne liegen jedochbereits seit Monaten abstimmungsreif vor, ohne daß der Senat sich abschließend damit beschäftigen möchte. Und Hinte steht nicht alleine: Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, daß Hinte von seinem Senator Peter Sakuth beauftragt wurde, aus seinen Aufkaufplänen ebenfalls eine Senatsvorlage zu zimmern. Doch auf Nachfrage mag Senator Peter Sakuth nicht auf Konfrontationskurs mit dem Kollegen Konrad Kunick gehen: „Es handelt sich um Gedankenspiele der Straßenverkehrsbehörde. Aber ich verbiete den Mitarbeitern das Denken nicht.“
Die Beiratsfraktion
Unterstützung findet Hinte bei der Hemelinger SPD -Beiratsfraktion. Die hat sowohl Kunick, als auch Sakuth mitgeteilt, daß sie den Tunnel in jeder der bislang diskutierten Varianten ablehnt. Doch auch der Hinte -Vorschlag bekommt sein Fett ab. Die SPD-Fraktion möchte, daß der Brüggeweg erstens Wohngebiet bleibt und zweitens begrünt wird. Die Frage, wo sich dann die LKW's ihren Weg bahnen sollen, wird vorsichtshalber nicht beantwortet. In Opposition zu diesem Beschluß befand sich bei der Abstimmung deshalb auch der Vorsitzende der Beiratsfraktion, Christian Weber. Weber unterstützt den Hinte-Ankaufvorschlag: „Man kann den Leuten nicht zumuten, noch einmal zehn Jahre zu warten.“
Der Bausenator
Kunicks Senatsdirektor Manfred Osthaus besteht derweil weiter darauf, daß er mit dem Tunnel AnwohnerInnen und Senat ein ein „vernünftiges Angebot“ unterbreite. Er verstehe zwar die Anwohner, die aus dem Brüggeweg weg möchten, allerdings sei der Hinte-Vorschlag nicht geeignet „Hemelingen auf Dauer Ruhe zu bringen.“ Aber Osthaus hält die andauernde Diskussion hält für unerträglich. „Ich werde dafür plädieren, daß bald entschieden wird. Das Problem verlangt es.“ Und wann wird das sein? „Ich habe hier einiges über Entscheidungsfindungen gelernt und halte mich mit Prognosen zurück.“
Hoffnungen, daß der SPD-Parteitag im Oktober den Hemelinger Knoten durchschlagen könnte, sind derweil nicht angebracht. Eine SPD-Kommision hält den Tunnel zwar für nicht durchsetzbar, doch Alternativen werden nicht genannt.
hbk
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen