: Feiern - wie und wozu?
■ Offizielles und Alternatives zum Jubeltag 3.10.
Bonn (taz) - Die Grünen wollen den Ablauf der Feierlichkeiten am 3. Oktober, dem Tag des Beitritts der DDR, mitgestalten. Hubert Kleinert setzte sich gestern in der Bundestagsfraktion mit seinem Antrag durch: Wenn die Bundesregierung die Staatspräsidenten der Alliierten einlädt, sollen die Grünen darauf dringen, daß auch Vertreter der Opfer des sogenannten Dritten Reiches, wie der polnische und der israelische Ministerpräsident geladen werden. Darüber hinaus beantragen die Grünen ein Rederecht für die Vertreter aller Parteien, also auch für sich selbst und die PDS. Die Hamburgerin Marieluise Schmidt konnte sich mit ihrem Antrag, die Grünen sollten der Feierstunde fernbleiben, nicht durchsetzen. Ihr Argument: „Erst waren wir gegen die Vereinigung, dann gegen den Zeitplan. Beides wird am 3. gefeiert, warum sollten wir da hingehen?“ Christa Nickels monierte, eine Feier am 3. Oktober enteigne das Verdienst der Bürgerbewegungen: gefeiert werde nur der Staatsakt des Beitritts. Die Grünen beschlossen gestern, ihren Abgeordneten die Teilnahme an dem offiziellen Fest freizustellen. Außerdem wollen sie (allerdings nicht zum selben Zeitpunkt) eine Alternativ-Veranstaltung organisieren. Auf der Fraktionssitzung stritt mensch sich auch darum, ob sie einen Nationalfeiertag wollen soll. Und wenn ja, welchen. Den 9. Oktober, Tag der ersten großen Demonstrationen in der DDR, vielleicht? Zuvor hatte der Bundesvorstand für den 18. März plädiert (Märzrevolution 1948 und erstmals freie Wahlen in der DDR). Die Vorbereitungen für den offiziellen Festakt laufen bei der Bundesregierung bereits auf Hochtouren. Am 3. Oktober, null Uhr nullnull soll die Berliner Philharmonie die Nationalhymne zelebrieren, live im TV. Mit Feuerwerk und Glockenklang will die Bundesregierung den Beitritt der DDR feiern. SPD-Chef Vogel schlug vor, die DDR solle am 2. Oktober, dem letzten Tag ihres Bestehens, ein eigenes Fest begehen. Am 4. Oktober will Vogel dann die erste Sitzung des gesamtdeutschen Parlaments abhalten lassen. Wo? Natürlich in Berlin.
Tina Stadlmayer
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