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Neu im Cinema: „Die Seifendiebe“ von Maurizio Nichetti

■ Mühsam komischer Werbe-Spott

Wo sind die Diebe, sind die Seifen? Soweit ich mich erinnere, wird in „Seifendiebe“ nur einmal ein Kronleuchter geklaut. Und der macht bloß bimmelim, weil er aus Tropf -Kristallen besteht und Licht bzw. Glanz ins Dunkel der häuslichen Verhältnisse von Antonio (Maurizio Nichetti selbst) und Maria (Caterina Sylos Labini) bringen soll. Das tut er aber auch nicht. Also was sollen wir mit Seifendiebens? hierhin bitte den traurigen

Mann hinter Kerzen

Wir sollen Wehmut tragen und uns erinnert fühlen. Zum Beispiel an de Sicas „Fahrraddiebe“. Weshalb auch ein Fahrrad mitspielt, weshalb alles ziemlich schwarz-weiß ist, weshalb ein Vater arbeitslos ist und sein Söhnchen ganz doll wie das Söhnchen eines arbeitslosen Vaters kuckt.

Italienischer Neorealismus hieß das mal. Und nun ist doof, daß der Neorealismus so derart vergangen ist, etwa 50 Jahre, und der böseböse Kulturverfall nicht Halt gemacht hat vor dem Kino. Groß ist der Verlust der damalig authentischen Sozialkritik mit Liebenswürde - im Angesicht neumoderner Werbespots, die aus Kindlein zweibeinige Schokoriegel machen. Hier setzt die Botschaft der Seifendiebe ein und tritt so in die Pedale, daß man aus Trotz kulturoptimistisch wird.

Listig war die Idee Maurizio Nichettis: Man zeige ein hysterisches Italo-Ehepaar mit ernstem Knaben und Running -Gag-Baby (Baby steckt Händchen in Steckdose, Baby speckfingert durch Nudelschüssel) und lasse diese Geschichte - hui, jetzt wird's taumelnd komisch - ca. dreifach unterbrechen durch einmal Werbespots, einmal eine hysterische Jetzt-Familie vor der Glotze, einmal durch den Regisseur selbst. Das ist knallig, das ist medienkritisch, das ist irre anschaulich gegensätzlich.

Und auch wenn das Werbespot-Girl plötzlich schwarzweißwerdend - im Schwarzweiß-Film auftaucht und Maria im Gegenzug bunt zu enden droht, nützt das nichts mehr: die Zeiten des Geschichtenerzählens sollen und sollen und sollen vorbei sein.

Schlußendlich steigt der Regisseur selbst in die Geschichte ein, um seinen sozialtragischen Ausgang zu retten. Nix da, seine Fiuren wollen happy enden. Kurzum: klamaukisch. Ist das neo? Bloß weil die Farben die Seiten wechseln? clak

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