: Giftfrachter warten auf Lindwurm
■ Nordenham: Gift kommt um fünf Uhr / Grüne kritisieren Innenminister Glogowski
Seit gestern morgen liegen zwei Containerschiffe der US-Army am Pier des Midgard-Hafens, um dort von kommendem Donnerstag an das amerikanische Giftgas aufzunehmen. (vgl. S.7) Niedersachsens Innenminister Gerhard Glogowski gab sich während einer Pressekonferenz in Nordenham trotz der Geheimhaltung einiger Transport-Details durch die Bundesregierung etwas redseliger als sein Kollege Peter Sakuth in Bremen. Während Sakuth für die Durchfahrt der Züge durch Bremen eine Zeitspanne von Mitternacht bis fünf Uhr morgens angab, präzisierte Glogowski das Eintreffen der Züge im 70 Kilometer von Bremen entfernten Nordenham auf die Zeit zwischen fünf und sechs Uhr morgens.
Ab 7.15 Uhr am jeweiligen Morgen sollen die Schiffe dann beladen werden. Eine Aktion, die
jeweils um 14.00 Uhr abgeschlossen sein soll. Wenn die Operation Lindwurm, so der Name für den Transport vom pfälzischen Claußen über das Zwischenlager in Miesau nach Nordenham, planmäßig vonstatten geht, könnten die Schiffe Nordenham bereits am Donnerstag, den 19. September verlassen. Spätestens einen Tag später, so Innenminister Glogowski, sollen die Schiffe bundesdeutsches Hoheitsgebiet verlassen. Ein Zwischenlager in Nordenham sei nach „menschlichem Ermessen“ ausgeschlossen. Eine Äußerung, die Glogowski gestern nachmittag die Kritik der niedersächsischen Grünen einbrachte. Der Sprecher des Landesvorstandes, Kurt Dockhorn, meinte, eine Zwischenlagerung könne nicht ausgeschlossen werden, solange über die Klage von Greenpeace gegen den Wei
tertransport der Granaten in die Südsee noch nicht entschieden sei. Die Landesregierung beteilige sich daran, der Bevölkerung „vorzugaukeln“, daß mit dem Transport in die Südsee das Problem aus der Welt sei. Dies zeuge von „kolonialem Denken“. sagte Dockhorn.
Die Transportrouten werden von insgesamt 4.500 Polizisten abgeschirmt. 600 Bundesgrenzschützer werden den Midgardhafen in Nordenham bewachen. Von der Weserseite aus soll die Bremer Wasserschutzpolizei ungebetene Gäste abhalten.
Nach Schätzungen wird der Abtransport des Giftgases etwa 70 Millionen Mark kosten. Auf rund vier Millionen Mark schätzte Innenminister Glogowski die Kosten, die Niedersachsen für den Polizeieinsatz entstehen.
hbk
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