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Abschied vom „crisis news network“?

■ Amerikanischer Nachrichtensender CNN aus dem Berliner Kabelnetz verbannt / Post verlangt hohe Gebühren

Aus Berlin Marina Schmidt

Wer sich in der vergangenen Woche bei dem Fernsehnachrichtenkanal CNN mit den brandaktuellsten News versorgen wollte, wurde bitter enttäuscht. Statt Schlagzeilen, Live-Reportagen oder Interviews aus allen Teilen der Welt erschien auf Kanal 23 des Berliner Kabelprogramms nur noch ein flaues Testbild.

Ted Turners „Cable News Network“ wurde mit dem Auslaufen des auf fünf Jahre befristeten Kabelpilotprojektes am 28. August wieder aus dem Netz verbannt, in das es vor zwei Jahren versuchsweise eingespeist wurde. Damit bleibt dem deutschen Fernsehzuschauer versagt, was inzwischen in 97 Ländern der Erde fester Bestandteil des Prommangebotes der Kabelgesellschaften ist.

Als „Turner Broadcasting System“ (TBS) vor 10 Jahren den Nachrichtenkanal mit zum größten Teil schlecht bezahlten College-Abgängern, die er in seinen Studios zu „VJ-s“ (Videojournalisten) heranzüchtete, gründete, wurde das Unternehmen von allen Seiten belächelt. „Chicken-noodle -network“ spotteten damals die amerikanischen Fernsehgesellschaften ABC, NBC und CBS über den Newcomer aus Atlanta. Mittlerweile hat sich die Hühner-Nudel-Anstalt zum renommierten „crisis news network“ verwandelt, das längst zum internationalen Medien-Establishment gehört, sich aber gleichzeitig von den anderen kommerziellen Fernsehstationen abgrenzt. Die bezeichnet der Sender als „Unterhaltungsanstalten“, während er sich selbst als Dienstleistungsunternehmen im Nachrichtenbereich definiert. Mittlerweile ist CNN über seine Aktualität und Exklusivität hinaus bekannt als das Vermittlermedium in Krisensituationen. Aktuelles Beispiel:Golf-Konflikt, wo Sadaam Hussein oder George Bush den Sender nutzen, um Verhandlungsangebote zu unterbreiten. Deshalb kommen auch etwa 60 Prozent der Einnahmen von den Kabelgesellschaften und nicht, wie für kommerzielle TV-Stationen üblich, aus der Werbung.

Während in den USA 55 Millionen Subskribenten ihren monatlichen Obulus von 25 Cents an das Dienstleistungsunternehmen entrichten, viele Kabelgesellschaften Gebühren an CNN abführen, um das 24 stündige Nachrichtenprogramm übertragen zu dürfen, verlangt die deutsche Monopolgesellschaft Telecom (eine Tochterunternehemn der Post) etwa 2,4 Millionen DM jährlich für die bundesweite Einspeisung ins Kabelnetz. Allein in Berlin stiegen die monatlichen Gebühren mit Ablauf des Kabelpilotprojektes von 400 auf 5.000 DM im Monat. Und die will CNN nicht bezahlen. Jetzt bemüht sich der Berliner Kabelrat, unter den Bundesländern übrigens die einzige Kabelanstalt, die CNN eine Sendelizenz erteilte, zumindest eine Lösung in der eigenen Region zu finden.

Doch alle Verhandlungen mit der Bundespost sind von vorneherein zum Scheitern verurteilt, denn die beharrt auf dem Grundsatz der Gleichbehandlung. Sämtliche nicht ortsüblichen Anbieter müssen eine Aufwandsentschädigung für das Heranführen und Einspeisen der Programme bezahlen. Die Höhe bestimmt eine bundeseinheitliche Gebührenordnung. Und der einzige deutsche Kabelbetreiber sieht sich außerstande, eine Ausnahmeregelung zuzulassen. Damit sind auch dem Kabelrat die Hände gebunden. Der verfügt zwar über einen eigenen Etat aus den Rundfunkgebühren, doch darf er damit keine privaten Fernsehanbieter finanzieren.

Auch die in anderen Ländern übliche Finanzierungsquelle, nämlich die internationalen Hotels, scheint bei uns eher zu tröpfeln als zu sprudeln. Im Gegensatz zu den minimalen Gebühren, die CNN von privaten Nutzern verlangt (25 Cent pro Monat in den USA) werden die herrschaftlichen Etablissements ordentlich zur Kasse gebeten. Je nach Größe der Häuser verlangt der Sender zwischen 15.000 und 30.000 DM pro Jahr von den seiner Meinung nach kommerziellen Nutzern.

Bei den europäischen Nachbarn gibt es damit auch keine Probleme. Nach Angaben des 'Spiegels‘ zahlen z. B. die Genfer oder Züricher Hotels rund 100.000 DM pro Jahr und Stadt, die sich CNN mit der jeweiligen Kabelgesellschaft teilt. Die privaten Haushalte bekommen dafür das Nachrichtenprogramm frei Haus.

Für die Berliner Hotel- und Gaststätteninnung gibt es jedoch keinen Grund, neben den mit Ablauf des Pilotprojektes ebenfalls gestiegenen Kabelgebühren weitere Gelder für Fernsehprogramme aufzubringen. So ging CNN in die Offensive und verklagte stellvertretend das Savoy-Hotel auf Urheberrechtsansprüche für den Bezug des Nachrichtenkanals. Damit wollte der Sender exemplarisch festlegen, daß die Verteilung in die Hausanlagen der Hotels eine kommerzielle und gebührenpflichtige Nutzung sei. Doch das Berliner Landgericht beurteilte den Sachverhalt zu Gunsten der Hotels. Diese würden ihren Gästen nur den Zugang zu den üblichen Programmen verschaffen und seien somit keine kommerziellen Verwerter. Nun wird der Rechtstreit in zweiter Instanz vor dem Kammergericht behandelt. Trotz Bitten des Kabelrates, den Fall zügig zu bearbeiten, ist mit dem Urteil nicht vor März 1991 zu rechnen.

Inzwischen haben die 11 großen Hotels der Stadt eingesehen, daß der Empfang des Nachrichtenkanals in den Augen vieler Gäste zum selbstverständlichen Service gehört. Am kommenden Montag treffen sich die Geschäftsführer, um gemeinsam ein Angebot für den Bezug von CNN auszuhandeln. Sollten sich die 11 Häuser mit dem News-Channel einigen, darf sich der interessierte Kabelgucker wieder auf die heißesten Nachrichten aus aller Welt freuen. Damit wäre eine Finanzierungslösung gefunden. Zudem hat der Kabelrat dem Sender die Lizenz bis zum 30.4.92 erteilt. Erst wenn die Frequenz ein halbes Jahr unbenutzt bleibt, wird über eine Weitergabe entschieden.

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