Kondome und Amtsschimmel

■ Hans-Hermann Stöver verfaßte das „Kondom-Protokoll“ der Sozialbehörde mit

Der Bremer Sexualpartner Andreas R. kämpft derzeit vor dem Verwaltungsgericht um „Gleichbehandlung“. Er will, daß das Sozialamt nicht nur bei Frauen die Auslagen für Pille, Spirale oder Diaphragma erstattet, sondern auch bei Männern die Kosten für Kondome übernimmt. Die taz sprach mit Hans -Hermann Stöver, der die „Kondom-Regelung“ des Bremer Sozialressorts mitverfaßte.

taz: Herr Stöver, sie waren 1987 Leiter des Sozialamtes. Können sie sich noch erinnern, warum sie auf einer Sitzung im Februar 1987 eine Ausnahmeregelung ausformulierten, für den Fall, daß Männer ihre Auslagen für Kondome erstattet bekommen wollten?

Hans-Hermann Stöver: Nachdem der erste damit kam und einen solchen Antrag gestellt hat, gab es ja einen Regelungsbedarf. Weggucken hilft ja nicht.

Soweit ich weiß, hat niemand von dieser Einzelfall-Ausnahme -Regelung Gebrauch gemacht.

Nee. Habe ich auch nicht gehört.

Sie scheinen sich eine Regelung

ausgedacht zu haben, die es Antragstellern sehr schwer macht.

Wir haben das nicht schwer gemacht. Sondern wir haben uns in das hinein gedacht, was der Gesetzgeber will. Dieses Sammelsurium an kleineren Bedürfnissen ist ja für solche Sachen gedacht. Der eine kauft sich eine Flasche Bier, der nächste raucht, der dritte will ins Kino gehen... Das sind 115 Mark im Monat: Telefon, Tageszeitung, Körperpflegemittel, Briefmarken. Das Kondom hat da auch immer zugehört.

Zu den 'kleineren Bedürfnissen?

Ja. Die Dinge kosten ja auch nicht viel Geld. Ich hab ja damals noch eine Händler angerufen und gefragt: Was kosten denn die Dinger? Da war die Anwort: Normale Ausführung drei Stück ne Mark.

Sexualität ist ja nun etwas, was den meisten Menschen gemein ist. Das Gesetz regelt das aber nur für die Frau und nicht für den Mann.

Tja. Tja.

Wenn nun so ein Mann den begrüßenswerten Schritt tut und sagt: „Ich will mich an der Verhütung beteiligen. Das soll nicht immer nur den Frauen aufgehalst wer

den“, sagen sie ihm: Nun lieber Mann, du mußt erst mal nachweisen, daß du erhöhten Bedarf an Kondomen hast. Da mußt du deine Partnerin zu einer Beratungsstelle mitschleppen und uns eine Bescheinigung vorweisen. Abgesehen davon, daß Pro Familia gar nichts von der Regelung wußte und keine „Pflichtberatungsinstanz“ sein will.

Das mit Pro Familia war doch ein ganz neutrales Angebot. Wir haben doch nicht gesagt: Amtsarzt oder so etwas.

Was haben sie denn damals als „erhöhten Bedarf“ bei Kondomen definiert? Wenn der bundesdeutsche Durchschnitt bei zweimal in der Woche liegt, müßte der Mann dann nachweisen, daß er's zweieinhalb mal in der Woche macht?

Es gibt ja welche, die machen es dreimal am Tag.

Aber die Regelung ist ja nun ein paar Jahre alt. Und die Entscheidungsträger von heute können das ja ändern. Von daher bin ich ja nur derjenige, der den Anfang gemacht hat.

Gespräch: Barbara Debus