: Werbung für PDS im grünen Gewand
■ Ein Werbeartikel für die Linke Liste/PDS in grüner Mitgliederzeitung soll Redakteurin den Job kosten
Von Walter Jakobs
Düsseldorf (taz) - Wegen eines offen für die Linke Liste/PDS werbenden Artikels in der Mitgliederzeitung der nordrhein-westfälischen Grünen ist die Redaktion der Zeitung mächtig unter Druck geraten. Ginge es nach dem Willen der realpolitisch orientierten Landtagsabgeordneten Beate Scheffler, die die umstrittene 'grüne zeitung‘ (gz) inzwischen gar als „Kampfblatt gegen die Grünen“ tituliert, dann würde das Parteiblatt sogar „zunächst eingestellt“. Über einen entsprechenden Antrag wird der zuständige Landeshauptausschuß der NRW-Grünen noch in dieser Woche entscheiden. Für den Stein des Anstoßes verantwortlich ist Anja Krüger, ehrenamtliche Redakteurin der 'gz‘ und seit vier Jahren Mitglied in der Partei. In der jüngsten Ausgabe macht sie aus ihrer Sympathie für die Linke Liste/PDS kein Geheimnis. Deren Kandidatur führe dazu, daß die Grünen „endlich einmal auch von links unter politischen Druck geraten“, freut sich Krüger. Und weiter: „Wer die reale Aufgabe der Oppositionsrolle durch die Grüne Bundestagsfraktion sowie den bornierten Antisozialismus bei den Grünen satt ist, hat erstmals bei einer Wahlentscheidung eine reale Alternative“. Während der Sprecher des grünen Landesvorstandes, Realo Wolfgang Schmitt, diese Formulierungen als Wahlaufruf für eine andere Partei wertete und personelle Konsequenzen forderte, wies die Mehrheit der Redaktion diese Interpretation als „abenteuerlich“ zurück und sprach stattdessen von Tatsachenfeststellungen.
Inzwischen hat der Landesvorstand seinen Sprecher Wolfgang Schmitt „gerügt“. Durch die öffentliche Ankündigung von arbeitsrechtlichen Konsequenzen habe er seine Fürsorgepflicht als Arbeitgeber verletzt, heißt es. Weil der Artikel aber mit den Zielen einer Mitgliederzeitung „nicht zu vereinbaren“ sei, fordert der Vorstand die Redaktion gleichzeitig auf, sich davon „zu distanzieren“. Doch die denkt nicht daran und kündigte stattdessen an, „sich gegen restriktive Maßnahmen zur Wehr (zu) setzen“. Rein formal haben die grünen ZeitungsmacherInnen gar keine schlechte Karten. Von den ehrenamtlichen RedakteurInnen wird laut Redaktionsstatut lediglich verlangt, daß sie die Programmatik der Grünen unterstützen und nicht Mitglied einer anderen Partei sind. „Beide Kriterien“, so schreibt die Redaktion, „erfüllt Anja Krüger“. Eine spitzfindige Formulierung, denn die praktische Unterstützung der Linken Liste/PDS durch die Redakteurin reicht über einen werbenden Artikel inzwischen weit hinaus. Obwohl Mitglied der Grünen, arbeitet Anja Krüger im nordrhein-westfälischen „Arbeitsausschuß“ der Linken Liste/PDS mit. Einen Widerspruch zu ihrer grünen Parteimitgliedschaft sieht Anja Krüger darin nicht. Sie unterstütze die neue Formation ohne Mandat und Amt und wolle lediglich, daß man das Projekt „nicht einfach ignoriert“. Ein „mögliches Resultat dieser Diskussion“ könne indessen auch sein, so sagte Krüger auf Nachfrage der taz, daß sie selbst die Linke Liste/PDS wähle „oder andere ermuntere, dies zu tun“. Mit dem Gedanken spielt auch der verantwortliche und einzige hauptamtliche Redakteur der grünen Mitgliederzeitung, Markus Kellmann, den einige Grüne am liebsten gefeuert sähen. Ihm imponiert der „desintegrative Charakter“ der PDS. „Wenn morgen Wahl wäre“, so sagte er auf einer Diskussionsveranstaltung am Freitag in Duisburg, „würde ich wahrscheinlich Linke Liste/PDS wählen“. Wie er sich am 2.Dezember entscheide, könne er zwar jetzt noch nicht sagen, aber ob die Grünen den Sprung ins neue Parlament schafften, sei für ihn „nicht so wichtig“.
GAL zieht
Trennungsstrich
Die Hamburger Grün-alternative Liste (GAL) hat eine deutliche Trennungslinie zur PDS und der Linken Liste gezogen. Die Mitgliederversammlung stellte am Samstag mit großer Mehrheit fest, daß das Wahlbündnis Linke Liste/PDS eine konkurrierende Partei und Listenverbindung für die GAL sei. Ferner beschlossen die GALierInnen, einer Vertreterin der DDR-Frauenbewegung den dritten Platz auf der Landesliste für die kommende Bundestagswahl anzubieten.
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