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Vom „Uhlenhorst-Forest“ auf den Court

Schweißtreibende Schmetterschläge und rasante Ballwechsel beim Badminton-Masters der europäischen Spitzenklasse/Asiens unvergleichliche Federballartisten nur als Show-Einlage  ■ Von Torsten Haselbauer

Mülheim/Ruhr (taz) — „Guten Morgen, ich freue mich, daß Sie so zahlreich erschienen sind.“ Mit diesen leicht ironischen Worten begrüßte Fernsehmoderator Jörg Wontorra am letzten Wochendene rund dreihundert Schaulustige in Mülheim/Ruhr zu einem Badminton- Turnier. Nur dieses spärliche Häuflein nämlich wollte Zeuge werden bei dem neuerlichen Versuch notorischer, aber dafür schwerreicher Olympia-Schwärmer, ein sportliches Kunstprodukt aus der Brieftasche zu zaubern. Zahlreiche Herren aus diversen Vorstandsetagen von Unternehmen, alle ansässig im Schlecht-Image-Landstrich „Kohlenpott“ und zusammengeschlossen im „Initiativkreis Ruhrgebiet“, hoben diesmal ein Turnier mit schnellen Federbällen aus der Taufe.

Der Name klang angemessen hochtrabend: „European Badminton Circuit Masters“. Doch was bereits mit den Zuschauerpleiten bei den „Nokia Masters“ der Tennisdamen in Essen und mit dem „Nation's Cup“ 1989 in Gelsenkirchen seinen Anfang nahm, setzte sich auch in der Mülheimer Carl-Diem-Halle fort. Beim Masters, einem in dieser Form erstmalig ausgetragenen Badminton-Wettstreit der Damen und Herren, blieben die Organisatoren trotz der vorgausgegangenen Flops ihrem alten Konzept treu. Es sollte mal wieder viel Preisgeld (60.000 DM) und eine Masters-Krone ausgespielt werden. Herr Wontorra, der in der gewohnt lässig-souveränen Art diese Veranstaltung moderierte, ging im übrigen, nach eigenem Bekunden und entgegen der sonst üblichen Gepflogenheiten, leer aus.

Die Akteure indes mußten schon einigemale den Schläger schwingen, um überhaupt in Sichtweite des großen Geldes zu kommen. Aus einer europäischen Turnierserie von elf Championaten qualifizierten sich für das mit 400.000 DM vom „Initiativkreis Ruhrgebiet“ geponserte Mülheimer Turnier nur die sieben besten Federballartistinnen und -artisten. Zu den erfolgreichen Spielerinnen und Spielern aus den klassischen Badminton-Hochburgen Dänemark, Österreich, UdSSR und der DDR durften sich schließlich per „Wild Card“ auch die bundesdeutschen Stars Andrea Findhammer und Michael Keck gesellen.

Vom Heimvorteil konnten die beiden aber offensichtlich nur bei dem ausgiebigen Besuchsprogramm, daß die Profis über sich ergehen lassen mußten, profitieren. In einer sogenannten „Tour de Ruhr“ sollten die Spielerinnen und Spieler nämlich per Sightseeing-Trip endlich auch einmal die schönen Seiten des Ruhrgebiets kennenlernen und düsten so schon am Donnerstag im Bus von „Duisburg-Ruhrort Harbour“ zur „Manufacturing Plant Thyssen AG“ und schlußendlich in den für jeden Ruhrgebietsbesucher obligaten Grüngürtel („Uhlenhorst-Forest“).

Als es dann am Samstag auf den Court ging, war von der gemütlichen Ausflugsatmosphäre nicht mehr viel zu spüren. Sowohl die Damen als auch die Herren demonstrierten auf recht forsche und schweißtreibende Weise den Badmintonsport. Auch wenn die alles dominierenden Sportlerinnen und Sportler aus Indonesien und Malaysia in Mülheim ihre Schlägerkünste nur als Show-Einlage zum Besten gaben, gewann der Beobachter dennoch rasch den Eindruck, daß die Aufnahme in die olympischen Wettbewerbe 1992 in Barcelona durchaus ihre Berechtigung hat.

Sicherlich ein Wiedersehen feiern dann auch die Finalteilnehmer von Mülheim. Überraschend deutlich, weil fast immer in zwei Gewinnsätzen, erschlugen sich bei den Herren der Däne Thomas Stuer-Lauridsen und der Sowjetbürger Andrej Antropow die Finalteilnahme. Dort behielt Stuer-Lauridsen mit 15:10, 15:10 überraschend deutlich die Oberhand.

Bei den Damen ging es weit spannender zu. In einem reinen sowjetischen Duell setzte sich Elena Rybkina gegenüber Vlada Chernyavskaya mit 11:3, 9:12, 11:5 durch. Als Lohn nahmen Sieger und Siegerin 10.000 DM mit nach Hause. Den westdeutschen Badminton-Cracks blieb der schwache Trost, sich wacker geschlagen zu haben und die Hoffnung, daß ab November eine gesamtdeutsche und damit wohl erfolgreichere Federballtruppe zusammenkommt.

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