Straßenschlachten in Jugoslawien

Belgrad (taz) — Erstmals in der Nachkriegsgeschichte Jugoslawiens lieferten sich am Sonntag bis spät in die Nacht Muslimanen und Serben in der Provinzstadt Novi Pazar blutige Straßenschlachten. Nach Angaben jugoslawischer Medien entzündete sich der Straßenkampf während einer Demonstration von Serben, die dem Aufruf des Vorsitzenden der „Serbischen Erneuerungsbewegung“, Vuk Draskovic, gefolgt waren. Zu Tausenden hatten die serbischen Nationalisten der „heiligen serbischen Erde des Sandzak“ in der Kirche zum Heiligen Peter und Paul gedacht. Das heute mehrheitlich von Muslimanen bewohnte Gebiet im Süden Jugoslawiens, das zwischen Kosovo und Herzegowina liegt, ist Kernland des mittelalterlichen Altserbischen Reiches.

Nach der Version serbischer Zeitungen griffen 5.000 fanatische islamische Fundamentalisten über 10.000 friedliche serbische Pilger an. Nur Spezialeinheiten der Polizei sei es zu verdanken, daß es nicht zu Blutvergießen gekommen sei. Glaubt man dagegen Zeitungen aus Sarajevo, der Hauptstadt Bosniens, versuchten „schwerbewaffnete Serben“ die Muslimanen in Sandzak einzuschüchtern. Die Muslimanen fühlten sich gar gezwungen, Bürgerwehren zu bilden, die von den paramilitärischen Einheiten der Sicherheitskräfte mit äußerster Brutalität und Tränengas „zum Gelächter der Serben“ vorgegangen seien. Roland Hofwiler