Feuer-Ambivalenzen

■ Feuerökologen raten zu einer „let-burn“-Politik

In diesem Sommer fielen allein in Portugal fast 50.000 Hektar Wald den Flammen zum Opfer. In Kalifornien brannten im August 81.000 Hektar ab. Aber nicht jeder Brand ist „böse“ und langfristig zerstörerisch. Es gibt Wälder, die auf einen Feuersturm angewiesen sind. Die Zapfen der Mammutbäume können bis zu 20 Jahre auf dem Boden liegen. Oft schaffte es nur die Hitze des Feuers, sie aufplatzen zu lassen und den Samen hervorzulocken. Zudem halten die Flammen den Baumriesen licht- und platzraubende Konkurrenz vom Leib. Eine 50 Zentimeter dicke Rinde schützt das empfindliche, fürs Wachstum verantwortliche Innere vor hohen Temperturen.

Es klingt paradox: Aber der Einsatz von Feuerwehren kann zu verheerenden Waldbränden führen. Fressen die Flammen nicht gelegentlich Unterholz und Laub weg, sammelt sich am Boden das leicht brennbare Material. Bei gelegentlichen Feuern im Unterholz werden die Bäume oft wenig in Mitleidenschaft gezogen, weil solche Brände nicht die Kraft entfalten, Stämme in Brand zu setzen. Liegt aber viel Laub und Reisig auf der Erde, entwickeln die Flammen mehr Dauer und Hitze, es entsteht ein „Vollfeuer“. Feuerökologen raten deshalb seit Anfang der 70er Jahre zu einer „let-burn“-Politik, soweit sie aus sozialer und wirtschaftlicher Sicht vertretbar ist. Wo nötig, zünden Forstmeister sogar selbst am Wald, um den Bränden die Nahrung zu entziehen. Schon wenige Monate nach einem verheerenden Feuersturm schlagen viele Bäume neu aus. Bei anderen Gewächsen, wie dem Eukalyptusbaum, wird durch die Wärme die Fortpflanzungsfreude stimuliert: Sie lassen nicht nur Millionen Samen frei, sondern aus den unverkohlten Wurzelknollen treiben schon wenig später neue Stämme empor. Ein Waldbrand muß also nicht notwendig einen unwiderbringlichen Verlust darstellen. Voraussetzung dafür ist allerdings, daß genügend große Waldgebiete in der Nachbarschaft bestehen bleiben, die sich wieder in das verkohlte Gebiet ausbreiten können. Für Jahrhunderte erledigt ist ein Wald natürlich, wenn das Land ausschließlich bebaut wird oder durch Erosion verloren geht. Um dem vorzubeugen, fordert die portugiesische Regierung die rasche Wiederaufforstung des Waldes mit Hilfe der EG. Annette Jensen