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Faule kriegen faule Zähne

■ Müsli und Naturborsten helfen wenig / Zahnpasta darf ruhig billig sein

Kindern und Jugendlichen in der Bundesrepublik ist die häufigste Zahnkrankheit, Karies, auf dem Rückmarsch. Die Zielmarke der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für die Zahngesundheit in diesen Altersgruppen ist allerdings noch nicht erreicht. Zu diesem Ergebnis kommt der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Kinderzahnheilkunde und Prophylaxe in der Deutschen Gesellschaft für Zahn-Mund und Kieferheilkunde, Johannes Einwag (Würzburg). Das WHO-Ziel (Kariesfreiheit bei der Hälfte der Fünf-bis Sechsjährigen) hätten in Europa bisher nur Skandinavien, die Niederlande und die Schweiz erreicht.

Hauptverantwortlich für Kariesbefall bereits im Kindesalter ist nach den Erkenntnissen der Experten nachlässige Mundhygiene. Auch die sogenannte Bio- Welle in der Ernährung mit mehr Müsli, Honig und Vitaminsäften hinterlasse Spuren am gesunden Zahn.

Unschlagbar in der Verteidigung gegen Karies und schmerzhafte Gebißzerstörung ist regelmäßiges und gründliches Zähneputzen. Vor allem vor dem Schlafengehen. Am Haushaltsgeld muß eine angemessene Gebißpflege nicht scheitern. Auch die Billig- Paste aus dem Verbrauchermarkt erfüllt ihren Zweck. Wichtig ist lediglich, daß sie Fluorid enthält und daß die Bürste regelmäßig, ausdauernd und richtig bewegt wird. Eine Zusatzpflege mit „echtem“ Fluorid-Gel einmal pro Woche ist empfehlenswert.

Auch bei Zahnbürsten ist nach den Erfahrungen der Zahnmediziner das Teuerste nicht unbedingt das Beste. Hauptsache sei für Kinder ein griffiger Stiel, für die Borsten eine abgerundete Spitze sowie für die Bürstenfläche ein kleines Format. Die sogenannte V-Stellung der Borstenbüschel ist unter Dentisten „out“. Anhänger elektrisch betriebenener Zahnbürsten und Mundduschen sind die Zahnmediziner nicht. Auch „Naturborsten“ im Handbetrieb finden nicht ihren Beifall.

Der elektrische Schrubber ist vor allem für Behinderte eine Hilfe. Bei Gesunden erwecke ervielfach nur die Illusion der Gründlichkeit beim Reinigen. Die Munddusche richte bei falscher Handhabung mehr Schaden als Nutzen an. Ein ungünstiger Strahlwinkel spüle den Bakteriensud zuverlässig aber schädlich unter die Zahnfleischtaschen.

Die Naturborste als scheinbarer Biotrip über Zahnfleisch und Schmelz sei der Kunststoffschwester unter hygienischen Gesichtspunkten deutlich unterlegen. Im Markkanal der tierischen Borste sammelten sich Bakterien. Beim Putzen wirke die Borste dann als schmutzige Impfsonde.

Mit Erstaunen und gelegentlich mit Naserümpfen vermerken die Zahnärzte, daß auch 1990 schätzungsweise knapp die Hälfte der Bundesbürger keine eigene Zahnbürste besitzt. dpa

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