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Neue Geheimwaffe

■ Ex-Verteidigungsminister Rupert Scholz ist neuer Vorsitzender des Wirtschaftsrates von Hertha BSC QUERSCHLÄGER

Souverän beginnt Hertha BSC, sich am Tabellenende der Fußball-Bundesliga nach unten abzusetzen. Das Vereinsschiff schlingert. Selbst die blau-weißesten Frösche quaken nicht mehr, seit ihre Götter vor lauter Grübeln über den Ball dreschen. Trainer Fuchs plagen Schuldgefühle Freudschen Ausmaßes, so daß sich sogar Manager Horst Wolter solidarisiert und dem Präsidium einen kollektiven Abgang im Zweierpack anbietet.

Doch anders als früher, wo schon das falsche Absingen der Hertha-Hymne (»Ha Ho He«) unweigerlich zu Vereinssäuberungen führte, agiert Präsident Heinz Roloff mit Bedacht. Fuchs und Wolter müssen bleiben und zusehen, wie ein unbedarfter Außenstehender die alte Fregatte Hertha BSC wieder auf Erfolgskurs bringt. Der Joker heißt jedoch weder Bernd Schuster noch Christoph Daum, er ist aber tausendmal gefährlicher als Toto Schillaci und listiger als Roger Milla: Rupert Scholz, der neue Vorsitzende des Wirtschaftsrates des Berliner Bundesligisten.

Als früherer Transitsenator von und nach Berlin weiß Scholz nur zu gut, wie man den Gegner bereits bei der Anreise stören kann, um ihn nicht ins Spiel kommen zu lassen. Der Neue wird Roloff&Co zudem drängen, Spieler nach seinem Geschmack zu verpflichten. Die Zuschauer im Olympia-Stadion werden es ihm mit einer immerwährenden La Ola danken! Denn Rupert Scholz präferiert Akteure, die aus einer sicheren Deckung heraus durch die feindlichen Linien stoßen, genau so hat er es uns als Verteidigungsminister auf der Bonner Hardthöhe gelehrt. Schon bald wird Uwe Rahn als umgerüsteter »Jäger 90« den Bayern die Leder-Projektile um die Ohren ballern. Geld spielt bei dieser Modernisierung keine Rolle, denn sicherlich kennt der Ex-Minister aus seiner Zeit in der Hauptstadt noch den einen oder anderen Finanzierungsskandal.

Bereits 1988, Tennis Borussia und Blau-Weiß 90 hatten gerade einen Fusionsvertrag unterzeichnet, brachte sich Scholz als Präsident »ohne Wenn und Aber« ins Gespräch. Aber dieser preußische Wolpertinger namens »Union Rot-Weiß Berlin« kam nie zustande. Dennoch stellte die Geheimwaffe von der Hardthöhe immer wieder seine Fußballkenntnisse unter Beweis, indem er zum Beispiel als einziger Promi im Spieljahr 1988/89 einen Sieg von Blau-Weiß 90 (dessen Mitglied er ist!) über Wattenscheid voraussagte.

Nun wird er also bei Hertha einen einsamen Kampf gegen Tiefflieger, Abwehrdienstverweigerer und Torschützen mit Ladehemmung ausfechten müssen. Der Vorschlag, der Elf aus psychologischen Gründen ein neues Trikot zu verpassen (weißer Bundesadler auf weißem Grund), soll im Präsidium allerdings abgelehnt worden sein. Jürgen Schulz

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