piwik no script img

Ein General schießt sich in den Fuß

Nach seinen Bemerkungen über eine massive Bombardierung Bagdads wird der Stabschef der US-Luftwaffe gefeuert ABGESTÜRZT  ■ Aus Washington Rolf Paasch

Neben den Milliardenbeträgen für die Entsendung amerikanischer Truppen an den Persischen Golf muß der US-amerikanische Steuerzahler nun auch noch die Kosten für die vorzeitige Pensionierung des höchsten Lufwaffengenerals tragen. Denn nach seinen freimütigen Äußerungen über eine militärisch wünschenswerte Bombardierung Bagdads ist General Mike Dugan, Stabschef der US- Luftwaffe, am Montag vom amerikanischen Verteidigungsminister Dick Cheney nach nur dreimonatiger Amtszeit gefeuert worden. Cheney warf dem geschaßten General die Veröffentlichung von Geheiminformationen, die „Fehleinschätzung der prekären Situation“ und die „Verletzung seines Auftrags“ vor. Vor der Presse erläuterte Cheney, Spekulationen über den Umgang mit ausländischen Staatsoberhäuptern gehörten nicht zur Aufgabe der Militärs.

Die abrupte Beendigung des Arbeitsverhältnisses für den 53jährigen Viersternegeneral und Vietnamkriegveteranen Dugan ist wohl die spektakulärste militärische Disziplinarmaßnahme in den USA seit der Absetzung des aufmüpfigen Generals Mac Arthur durch Präsident Truman im Korea- Krieg.

Dabei hatte General Dugan dem Reporter der 'Washington Post‘ vergangene Woche nichts erzählt, was Saddam und die Öffentlichkeit nicht schon längst bekannt gewesen wäre: daß sich die USA im Falle eines Angriffs auf Luftangriffe stützen müßten; daß eine schnelle und massive Bombardierung der irakischen Hauptstadt einer graduellen Eskalation des militärischen Konflikts vorzuziehen sei. Wie bereits im Falle Gaddafis hatte das Pentagon sich offenbar darauf eingestellt, daß auch der Mord an Saddam, seiner Familie und seiner Geliebten (!) Teil der Mission sein müßten. Nur hatte der gute General diese Allgemeinplätze offenbar mit allzu konkreten Details ausgeschmückt.

Vor allem die Bestückung der B-52-Langstreckenbomber mit israelischen „Nap“-Luft-Boden- Raketen und die Erwähnung „israelischer Ratschläge“ dürften dem Pentagon übel aufgestoßen sein, wo man doch nun Schulter an Schulter mit den neu gewonnenen „arabischen Freunden“ kämpfen will.

Zu einem Zeitpunkt, wo in Washington auch die politischen Planer immer mehr zu einer militärischen Konfliktlösung hin tendieren, kommt Dugans Offenheit ungelegen. Des Generals Redseligkeit reflektiert darüber hinaus ein neues Selbstbewußtsein in den US-Streitkräften. Nach den Attacken auf die Herren Gaddafi und Noriega scheint die Phase militärischer Demut im Gefolge der Vietnamkriegsschlappe langsam ihrem Ende zuzugehen.

Nur die Tatsache, daß der US-amerikanische Geheimdienst weiterhin besser über die Liebesverhältnisse als über die militärischen Absichten fremdländischer Diktatoren informiert ist, sollte skeptischeren Militärs als General Dugan vielleicht doch noch Anlaß zu militärischen Selbstreflexion geben...

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen