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Klarstellung

■ betr.: "Schering-Streik nach Fuji-Schock", taz vom 14.9.90

betr.: „Schering-Streik nach Fuji- Schock“, taz vom 14.9.90

Dieser Darstellung, zu der Schering vor Abdruck bedauerlicherweise nicht gehört wurde, vernachlässigt den wahren Sachverhalt und gibt nicht einmal die Beschäftigungszahl (149 statt 70) korrekt wieder. Wir legen deshalb Wert auf folgende Klarstellung:

Die Tarifgespräche gingen von folgender Situation aus: Der Tagesverdienst eines Mitarbeiters in der Produktion betrug Ende Juli 1990 357.000 Intis, was umgerechnet 2,30 US-Dollar entspricht. Schering bot der Betriebsgewerkschaft einen Tagesgrundlohn von 2,3 Millionen Intis (sieben US-Dollar) an, um einen Inflationsausgleich sicherzustellen, worauf die Gewerkschaft aber nicht einging. Hätte die Gewerkschaft die angebotenen 2,4 Millionen Intis (sieben US-Dollar) akzeptiert, wären die Beschäftigten damit Höchstverdiener innerhalb der peruanischen Pharmaindustrie gewesen.

Statt dessen forderte die Gewerkschaft zunächst 30 Millionen Intis pro Tag (85 US-Dollar). Diese ursprüngliche Forderung wurde schon im August auf fünf Millionen Intis (14 US-Dollar) revidiert. Auch dies schreibt die taz nicht.

Großen Wert legt Schering auf die Feststellung, daß die Belegschaft schon seit langem in den Genuß von freiwilligen Sonderleistungen kommt. Dies sind neben anderen zum Beispiel: Kindergeld, Zuschüsse für die Schulkleidung, medizinische Beihilfen und Urlaubsgeld.

Eine Bemerkung zum von der taz zitierten „Fuji-Schock“: Schering zahlte neben dem von der Regierung verordneten Ausgleich von einem Monatslohn freiwillig sechs Millionen Intis (17 US-Dollar), um den Inflationsschub vom Juli zu mildern. Zusätzlich hat Schering als Vorschuß auf künftige Gehaltsanpassungen vier Millionen Intis gezahlt. Damit lag der Tageslohn im August bei insgesamt 1,6 Millionen Intis (4,6 US-Dollar).

Da die Gewerkschaft das ursprüngliche Schering-Angebot von sieben US-Dollar nicht akzeptiert hat und inzwischen auch weitere Verhandlungen ablehnt, wird sie — das bestimmt die Gesetzgebung — voraussichtlich mit dem peruanischen Arbeitsministerium zu einer Lösung kommen müssen. Günter Spanier, Ludwig Hahn, Schering Aktiengesellschaft, Öffentlichkeitsarbeit

Anm. d. Red.:Nur die 52 festangestellten ArbeiterInnen sind unmittelbar von den Tarifauseinandersetzungen betroffen; die anderen ca. 100 Beschäftigten sind entweder Angestellte oder Leute mit Zeitarbeitsverträgen, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind.

Die aktuelle Lohnforderung beträgt nun 6 Millionen Inti täglich (am 18.9. durch die galoppierenden Inflation 13,80 Dollar); 7 Dollar entsprechen mittlerweile über 3 Millionen Inti. Zum Vergleich: Der letzte Tarifabschluß (vom 20.8.89) bei Schering in Lima belief sich auf umgerechnet 12 Dollar pro Tag. Vor allem aber wollen die Gewerkschaften einen Grundlohn, der endlich zur Deckung überhaupt nur der grundlegenden Ausgaben ausreicht. Die allein dafür nötigen 2,8 Millionen Inti (Stand: Juli) werden vom Schering- Angebot nicht erreicht.

Der Monatslohn lag im August einschließlich der Pflicht- und Zusatzzahlungen bei ca. 30 Millionen Inti, also rund 1 Millionen Inti pro Tag. Schering leistet in der Tat Kinder- und Urlaubsgeld; auch stellt die Firma gegen ärztliches Attest die hauseigenen Präparate gratis zur Verfügung. Medizinische Beihilfen, z.B. Zuschüsse für Klinikaufenthalte, erhalten aber nur die Angestellten. Schulkleidungszuschüsse werden nach Gewerkschaftsangaben jedoch nicht vergeben.

Nicht die Gewerkschaft, sondern die Unternehmensleitung hat die Tarifverhandlungen abgebrochen. Die Gewerkschaft schickte nach dem Warnstreik sogar ein Schreiben an das Unternehmen, in dem sie um Wiederaufnahme der Verhandlungen bat. Am 17.9. fand daraufhin eine erneute Runde statt. Von „etwas über 60 Prozent“ Inflationsausgleich in ein- bzw. zweimonatigen Rhythmen, abhängig von der Inflationsrate, ist derzeit die Rede.

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