NRW: Duldungserlaß für Roma bleibt

Emotionalisierte Debatte über Bleiberecht für „Bettelmarsch-Roma“ im Düsseldorfer Landtag/ Grüne: CDU-Linssen der „Schönhuber von NRW“/ CDU: Schnoor „mißachtet Recht und Gesetz“  ■ Von Walter Jakobs

Düsseldorf (taz) — Der Abschiebestopp für Roma aus Jugoslawien, die schon vor dem 12.1.1990 in Nordrhein-Westfalen gelebt haben, bleibt bestehen. Nach einer emotional aufgeladenen Debatte lehnte der Landtag den Antrag der FDP, den entsprechenden „Duldungserlaß“ des Düsseldorfer Innenministers Herbert Schnoor aufzuheben, mit den Stimmen von SPD und Grünen ab.

Die FDP sieht in der Duldung der am sogenannten „Bettelmarsch“ beteiligten Roma einen Verstoß gegen geltendes Recht. Wie berichtet, hatte Schnoor dieser Gruppe von Roma ein Aufenthaltsrecht bis zur endgültigen Entscheidung über das in Aussicht gestellte Bleiberecht gewährt. Diese versprochene Bleiberechtregelung wird von der CDU und der FDP, aber auch von Teilen der SPD, einschließlich einiger Minister, seit Wochen vehement bekämpft. Für den CDU-Oppositionschef Helmut Linssen hat Schnoor eine Situation herbeigeführt, „die zum sozialen Sprengsatz unseres Gemeinwesens geworden ist“. Der Christdemokrat, dessen Schlußausführungen am Donnerstag im Düsseldorfer Landtag von Pfui- und Buhrufen begleitet wurden, warf Schnoor die „Flucht aus der politischen Verantwortung“ vor. Linssen machte Schnoor unmittelbar verantwortlich für den aktuellen Zuzug von Roma aus dem Osten. Schnoors „weiche Linie“ habe sich „bis tief in den Balkan herumgesprochen“. NRW sei zum „Asylantenparadies“ geworden.

Daniel Kreutz, Sprecher der Grünen, warf Linssen darauf eine „erbarmungslose Demagogie“ vor. Linssen entwickle sich zum „Schönhuber von NRW“. Zuvor war Schnoor mit seiner in Richtung CDU gestellten Frage: „Haben wir nicht gerade gegenüber den Roma und Sinti eine besondere moralische Verpflichtung aus unserer Geschichte?“ nur auf beredtes Schweigen gestoßen. Kreutz warf der Landesregierung insgesamt vor, sich dem Druck der CDU gebeugt und Schnoor zur Räson gebracht zu haben. In der Praxis zeige die Rau-Regierung inzwischen in eine von den Reden abweichende Richtung. Die SPD-Politik stehe unter dem Motto „Roma raus, aber mit sozialer Absicherung“.

Der neue Kurs der Landesregierung, durch finanzielle Unterstützung in Jugoslawien die Rückwanderung der Roma zu erreichen, wurde von Schnoor verteidigt. Der als Sonderbeauftragte eingesetzte Hans- Jürgen Wischnewski habe bei seiner Mission in Belgrad einen „Durchbruch“ erzielt. Nach einer Düsseldorfer Regierungsmitteilung haben sich die jugoslawischen Gesprächspartner bereiterklärt, „sofort Integrationsmöglichkeiten vorzubereiten“. Eine deutsch-jugoslawische Arbeitsgruppe soll nun die Einzelheiten klären. Nach Darstellung von Sprechern der Roma nützt diese Politik den heimatlosen Roma in Nordrhein-Westfalen aber nichts. Der NRW-Flüchtlingsrat bezeichnete die „überschwengliche Belobigung“ der Wischnewski-Aktion als „regelrecht zynisch“. Ein Großteil der Flüchtlinge stamme aus der Krisenregion Kosova, in der „ein Vernichtungsfeldzug“ gegen die Roma stattfinde. Deshalb sei die Rau-Regierung nach wie vor gefordert, das versprochene Bleiberecht zu gewähren.