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Nur ein „Falke“ im Adlerhorst

Eintracht Frankfurt — 1. FC Köln 1:0/ Die Rehabilitation nach der 0:5-Pleite in Kopenhagen gelang der Eintracht nur bedingt/ Ein überragender Falkenmayer sorgte für zwei Punkte  ■ Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Waldstadion (taz) — Ein konsternierter Udo Lattek winkte müde ab: An der Pressekonferenz in den Katakomben des Waldstadions wollte der Herr „Direktor“ im dunkelblauen Sweater, nach dem miserablen Spiel seiner Geißböcke gegen die Adler aus Frankfurt, nicht teilnehmen. Und auch die Dompteure beider „Menagerien“ gaben sich wortkarg. Erich Rutemöller warf seiner Truppe vor, „entblößt gespielt“ und die erste Halbzeit „glatt verschlafen“ zu haben. Und der Trainer der Frankfurter, der Sachse Jörg Berger, konnte sich über den knappen 1:0-Sieg seiner Mannen vom Main auch nicht richtig freuen. Nach dem 0:5-Debakel in Kopenhagen am vergangenen Mittwoch sei das Spiel gegen Köln eines der wichtigsten seiner gesamten Laufbahn als Coach gewesen: „Zwei Punkt sind erkämpft worden — und die Mannschaft hat das umgesetzt, was ich ihr vor dem Match mit auf den Weg gegeben habe.“

Doch bis zum Schlußpfiff von Schiedsrichter Werner Föckler mußte Berger zittern, denn die Kölner, die in den ersten fünfundvierzig Minuten „Schlafwagenfußball“ gespielt hatten, drehten in der zweiten Halbzeit verhalten auf — und die Eintracht kam ins Schleudern. Doch das eine Tor, das Ralf Falkenmayer in der 21. Spielminute mit einem Superschuß aus etwa 30 Metern an Illgner vorbei ins Kölner Netz gehämmert hatte, konnten die Geißböcke nicht mehr egalisieren. Zu umständlich und ohne jeden Biß bei den Zweikämpfen agierten sie im Mittelfeld. Und auch der zuletzt so gelobte Maurice Banach als Sturmspitze konnte nicht überzeugen.

In beiden Mannschaften herrschte Unordnung in Permanenz. „Superstar“ Andreas Möller war trotz der Abstinenz der „Futterneider“ (Vize Hölzenbein) Bein und Gründel wieder einmal nicht der „Denker und Lenker“ im Mittelfeld der Eintracht, so daß ein anderer aus der Tiefe des Raumes kommen konnte: eben Torschütze Ralf „Falke“ Falkenmayer, der im Verlauf des Spiels — unter dem Beifall der 19.000 Zuschauer — die flügellahmen Adler nach vorne trieb und so zum Matchwinner avancierte. „Falke“ bediente die Spitzen Anthony Yeboah und „Ecke“ Eckstein brillant, doch dem Mann aus Ghana standen meist zwei Kölner auf den Füßen.

Daß Publikumsliebling Yeboah dennoch der torgefährlichste Stürmer der Eintracht war, spricht für ihn — und gegen Dieter Eckstein. Der Ex-Nürnberger braucht zum „Einputten“ offenbar ein leeres Tor, am Mittelkreis stehende Abwehrspieler, eine Torentfernung von etwa 0,80 Metern und einen ruhenden Ball. Und selbst dann würde man auf den Rängen im Waldstadion noch die Luft anhalten — so wie gegen Spielschluß, als es Eckstein schaffte, aus dem Fünfmeterraum heraus den Ball doch noch am Torpfosten vorbei ins Aus zu drücken.

Dabei hatte die Eintracht losgelegt, als gelte es, den Kölnern die fünf „Dinger“ zu verpassen, die Uli Stein am Mittwoch von den Dänen ins Netz gelegt wurden. Der Druck der Frankfurter auf das Tor von Bodo Illgner war so stark, daß die Kölner in den ersten zwanzig Spielminuten kaum aus der eigenen Hälfte herauskamen. Obgleich die Domstädter bis zur Halbzeitpause kaum besser wurden, knickten die Mainischen ein: „kick and rush“ war angesagt — und auf der Tribüne rauften sich die gutsituierten Fans aus der Bankenmetropole die Haare.

Als Köln nach der Pausenschelte von Rutemöller/Lattek den Druck auf die Eintracht verstärkte, ging Möller vollständig unter. Im Mittelfeld hielt nur noch Falkenmayer das rot-schwarze Fähnchen hoch — doch das reichte, um die harmlosen Rheinischen in Schach zu halten. Es war ein Arbeitssieg, den die Eintracht an diesem wetterwendischen Sonnabend im Waldstadion über die Zeit rettete. Nicht unverdient, aber von „Glanz und Gloria“ keine Spur — mehr VfL Bochum als Bayern München.

Ein Andreas Möller ist eben kein Uwe Bein. Und ein „Falke“ macht noch keinen Sommer. Seinem „Freund“ (Möller) Uwe Bein wünschte Möller nach Spielschluß jedenfalls „alles Gute“. Das mit dem „Futterneid“ auf seine Tantiemen sei ohnehin „von den Journalisten herbeigeschrieben“ worden: Möller: „Ich habe keine Probleme mit Bein.“ Daß die Eintracht Probleme mit den dänischen Wikingern hatte, leugnete der zungenflinke Möller nicht. Doch Wunder soll es immer wieder geben. Für das Rückspiel im heimischen Waldstadion versprach Möller jedenfalls „volles Engagement“ der Frankfurter: „Die werden merken, daß in zehn Tagen eine andere Eintracht auf dem Platz steht.“ Bleibt zu hoffen, daß die „andere Eintracht“ — mit den Spielern Bein und Gründel — beim Rückspiel gegen die Dänen dann auch tatsächlich auf dem Rasen steht. Sonst wird wohl das versprochene „Wunder“ ein blaues werden.

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