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MIT DER BANKENKRISE AUF DU UND DU

■ Radikalkur * Chase Manhattan Bank kündigt 5.000 Mitarbeitern

New York (dpa) — Die Chase Manhattan Corp., zweitgrößte US- Bankholding, wird 5.000 Mitarbeiter nach Hause schicken, Rückstellungen von einer Milliarde Dollar vornehmen und die Dividende halbieren. Gleichzeitig kündigte die Bank am Wochenende in New York aufgrund dieser Radikalkur einen Verlust von voraussichtlich 625 Millionen Dollar (rd. 980 Mio DM) für das 3. dritte Quartal 1990 an. Ohne einen Sondergewinn von 117 Millionen Dollar aus dem Verkauf des Chase Manhattan-Büros in Frankfurt wäre der Verlust noch höher ausgefallen.

Die Quartalsdividende wird um mehr als 50 Prozent auf 30 Cents je Aktie reduziert. Es ist das erste Mal seit 1974, daß eine US-Großbank die Dividende kürzt. Inzwischen haben aber mehrere mittelgroße US-Institute die Dividende gekürzt und Verluste ausgewiesen. Zahlreiche kleinere Banken haben wegen der schwachen Konjunktur und des Kollaps der US-Immobilienpreise geschlossen. Die US-Aufsichtsbehörden wollen einer möglichen Bankenkrise mit höheren Beiträgen für die staatliche Einlagenversicherung und mit härteren Eigenkapitalauflagen begegnen.

Im Schlußquartal 1990 erwartet die Chase Manhattan wieder einen Gewinn von 140 Millionen Dollar. 650 Millionen Dollar der Gesamtrückstellungen von einer Milliarde Dollar sind für mögliche Kreditverluste gedacht und 350 Millionen Dollar für die Kosten des Personalabbaus und anderer Umstrukturierungsmaßnahmen. Die faulen Chase-Kredite, auf die keine Zinsen mehr gezahlt werden, sind innerhalb der letzten drei Monate von zwei auf 2,5 Milliarden Dollar gestiegen, wobei die nicht einforderbaren Kredite an Entwicklungsländer nicht mitgerechnet sind. Die Gesamtrückstellungen der Chase für Problemkredite werden zum 30. September ein Niveau von 2,9 Milliarden Dollar erreichen, wovon 1,6 Milliarden Dollar auf offene Forderungen an Entwicklungsländer entfallen. Die Chase verfügt nach eigenen Angaben über 11,1 Milliarden Dollar Kapital.

Durch den Personalabbau von zwölf Prozent der Gesamtbelegschaft und durch andere Reformmaßnahmen sollen die Kosten der Bank jährlich um 300 Millionen Dollar gesenkt werden. Das Institut hat zur Zeit etwa 40.000 Mitarbeiter. Die Probleme der Chase haben den Aktienkurs am Freitag in New York auf 12,75 Dollar und damit auf das niedrigste Niveau seit Mitte der 70er Jahre gedrückt. Seit dem 13. September ist der Chase-Aktienkurs um 20 Prozent gefallen.

Wallstreet-Fachleute gehen davon aus, daß andere US-Großbanken dem Beispiel der Chase folgen werden. Die Chemical Bank und die Manufacturers Hanover haben bereits Entlassungen von 1.100 beziehungsweise 1.400 Mitarbeitern angekündigt.

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