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FDP-Beschluß: Keine Steuererhöhungen

■ Neuverschuldung von 100 Milliarden Mark sei vertretbar/ SPD präzisiert Steuerpläne/ Krause: „Steuerliche Vergünstigungen nebst Investitionszulage noch einmal verbessern“

Bonn (ap/afp) — Die FDP wendet sich weiterhin entschieden gegen Steuererhöhungen zur Finanzierung der deutschen Einheit. FDP-Chef Lambsdorff kritisierte am Montag anderslautende Äußerungen von Unionspolitikern als „abträglich, kontraproduktiv und schädlich“. Statt dessen müßten Subventionen abgebaut und höhere Staatsschulden aufgenommen werden. Lambsdorff gab zu erkennen, daß gemessen am Bruttosozialprodukt auch eine Neuverschuldung um 100 Milliarden Mark vertretbar erschiene.

Der FDP-Vorsitzende erinnerte daran, daß im Jahr 1975 die Neuverschuldung von 30 Milliarden Mark 6,2 Prozent des Bruttosozialprodukts bedeutet habe. 100 Milliarden Mark im Jahr 1991 würden nur 3,5 Prozent des Bruttosozialprodukts ausmachen. „Es ist Unsinn, einfach nur absolute Zahlen zu vergleichen“, sagte Lambsdorff. Der bestehende Handlungsspielraum dürfe aber nicht zu Leichtfertigkeit verleiten.

Gegen das Argument, eine höhere Staatsverschuldung führe zu höheren Zinsen, wandte Lambsdorff ein, die Zinsentwicklung werde stärker vom Defizit des US-Haushalts und der Golfkrise beeinflußt. Jede Hochkonjunktur führe zudem zu hohen Realzinsen.

In der Bundesrepublik sei das zu verkraften. In der DDR aber seien zeitlich begrenzte Zinsverbilligungsmaßnahmen nötig, weil ein Anstieg der Hypotheken von einem auf neun Prozent nicht tragbar sei.

DDR-Staatssekretär Günther Krause (CDU) hat sich nachdrücklich gegen Steuererhöhungen zur Finanzierung der deutschen Einheit ausgesprochen, weil dies das unternehmerische Risiko erhöhen würde, in den neuen Bundesländern zu investieren. „Wir müssen eher versuchen, die steuerlichen Vergünstigungen nebst der Investitionszulage noch einmal zu verbessern, nämlich von jetzt 33 auf einen Satz von 50 bis 60 Prozent“, erklärte Krause. Er sprach sich für eine Erhöhung der Nettokreditaufnahme des Bundes aus, „bis 1994 von rund 100 Milliarden Mark“. Das lasse sich auch rechtfertigen, denn spätestens von diesem Zeitpunkt ab rechne man mit einem deutlich steigenden Steueraufkommen in den neuen Bundesländern.

Im Falle eines Sieges bei der Bundestagswahl im Dezember will die Bonner SPD zur Finanzierung der Einheit die Steuern auf höhere Einkommen um rund neun Prozent erhöhen. Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Hertha Däubler-Gmelin kündigte an, ab einem Einkommen von 60.000 Mark bei Ledigen und 120.000 Mark bei Verheirateten wolle man „eine Sonderabgabe etwa in Höhe der Kirchensteuer“ erheben. Dies wären dann rund neun Prozent der bisher abgeführten Steuern. Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer werde es jedoch, so Däubler-Gmelin, „mit der SPD nicht geben“.

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